Page 11 - Leinen los! 1-2/2024
P. 11

Und diesen Service erbringen wir für die Deutsche Marine weltweit. Das war unser Anspruch, und das wird auch immer unser Anspruch sein.
Wie kann man sich das vorstellen, was das für unsere Mitarbeiter bedeutet. Da kommt ein Fernschreiben rein, LOGREQ nennt sich das, „Logistic Request“, 72 Stunden Vorlaufzeit. In der Zeit muss die Marine dafür sorgen, dass bereits Ersatzteile losgeschickt werden. Unter- dessen bereiten sich unsere Mitarbeiter vor mit Flugtickets, Werkzeug, Zollpapie- ren, Hotelbuchung und sitzen spätestens 48 Stunden später in Bremen im Flieger und fliegen los, egal wohin es geht. Je nachdem, wie lange die Instandsetzung dauert, stehen diese Mitarbeiter nach Rückkehr am nächsten Tag wieder in der Werkstatt.
Und jetzt kommt der M3C, unser „Marine- MArs-Maintenance-Channel“ ins Spiel. Das ist – und da bin ich sehr stolz darauf – eine Eigenentwicklung des Marinear- senals. Sie können das vergleichen mit dem Prinzip Telemaintenance oder Tele- medizin. Was ist das: Wir nutzen einfach verfügbare Technik, Satellitenkommuni- kation und Webkameras, Telefone, um eine militärisch sichere Verbindung hier aus Wilhelmshaven an Bord eines Schif- fes schalten zu können. Wir können dann mit dem Bordkommando in Echtzeit mit Bild und Ton kommunizieren, egal wo die Schiffe sich gerade aufhalten. Wir bekom- men so ein klares Lagebild des Schadens bzw. zum technischen Problem. So haben wir zum Beispiel in der Coronazeit die Instandsetzung der 76-mm-Kanone der Korvette MagdeBurg gemeinsam mit der Besatzung hier aus Wilhelmshaven durch- geführt.
Diese hilfreiche Fachkompetenz der „Arsenäler“ fällt ja nicht vom Himmel, denn Sie bilden ja auch aus und sind einer der größten zivilen Arbeitgeber hier in der Region. Was bieten Sie da an und wie sieht es mit Bewerbern und Auszubildenden aus?
Für mich ist das eine Erfolgsgeschichte des Marinearsenals und auch ein bestimmen- der Zukunftsfaktor. Denn wie stellen wir uns vor dem Hintergrund demografischer Zukunftsentwicklungen und Fachkräfteman- gel an allen drei Standorten des Marinear- senals auf, um auch den personellen Faktor zukunftssicher und resilient sicherzustellen, resilient im Sinne von wir können regene- rieren, vielleicht sogar auch neue Arbeits- plätze besetzen mit hervorragend ausge- bildetem Personal. Unsere Antwort darauf ist einfach: eigene gewerbliche Ausbildung! Das Marinearsenal bietet pro Jahr an den drei Standorten 108 Ausbildungsplätze in sechs gewerblichen Ausbildungsberufen, drei mechanischen und drei elektronischen. Unsere Aufgabe besteht also darin, regel- mäßig diese 108 Ausbildungsplätze mit unseren Partnern, die für die personelle Rekrutierung zuständig sind, zu besetzen. Um diese jungen Menschen nun erfolg- reich durch die gewerbliche Ausbildung zu bringen, sind wir aus meiner Sicht auch sehr gut aufgestellt. Warum? Wir haben eine her- vorragende technische Ausstattung für die Auszubildenden, was Ausbildungsmaschi- nen, Mess- und Prüfmittel, Ausstattungen mit Notebooks usw. anbetrifft. Das sind IHK- anerkannte Berufsabschlüsse, hier arbeiten wir ganz eng und erfolgreich mit den Indus- trie- und Handelskammern zusammen. Im Marinearsenal stehen wir vor der Her- ausforderung, dass wir im Schnitt 30 bis 40 Beschäftigte pro Jahr regulär in Rente
oder Pension verlieren werden. Das ist planbar. Unsere Antwort darauf sind diese 108 Ausbildungsplätze. In den drei- einhalb Jahren der Ausbildungszeit müs- sen wir also die jungen Leute davon über- zeugen, dass die Bundeswehr ein attrak- tiver Arbeitgeber ist. Im Übrigen können wir uns von den Auszubildenden auch ein Bild machen: Passen sie von ihrer fachli- chen Qualifikation und natürlich auch von ihrer sozialen Kompetenz ins Team?
Man sollte ja seit Helmut Schmidt tun- lichst keine Visionen mehr haben, aber was möchten Sie in Zukunft noch mit dem Marinearsenal erreichen?
Ganz oben steht natürlich, dass wir in der Lage sind, unseren Auftrag zu erfüllen! Das Marinearsenal ist kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck, und der ist ganz klar durch den Inspekteur der Marine definiert: Zwei Drittel der Bestandsflotte muss für ihn operativ verfügbar sein. Das bedeutet: maximal ein Drittel der Einhei- ten befindet sich in der Instandsetzung, die sich bei uns im Marinearsenal oder bei den Werften befinden. Das muss unser Anspruch sein.
Dafür brauche ich aber als Leiter des Mari- nearsenals Ressourcen: hervorragend aus- gebildetes Personal, auch in einer gesun- den Altersstruktur über alle Statusgrup- pen. Im Übrigen haben wir durch die gewerbliche Ausbildung unseren Alters- durchschnitt massiv senken können. Vor sieben bis acht Jahren waren wir noch bei über 56 Jahren im Durchschnitt, jetzt sind wir bei unter 45 Jahren im Marine- arsenal an allen drei Standorten. Das ist eine unglaubliche Bilanz, die auch zeigt, wie erfolgreich wir da bisher sind. Und das dritte Zukunftsprojekt, auch das betrifft alle Standorte, ist natürlich eine moderne, attraktive und verfügbare Infrastruktur. So bauen wir das Marinearsenal oder diesen Standort hier in Wilhelmshaven, wenn ich das mal vor der gesamten His- torie betrachte, das dritte Mal komplett neu auf. Das soll bis 2035 abgeschlossen sein. Die Erneuerung der Infrastruktur wird eine erhebliche Wertschöpfung in die Stadt und die Region bringen. Wir reden da über einen großen dreistelligen Millio- nenbetrag, der hier investiert werden soll.
Herr Direktor Sacher, vielen Dank für das Gespräch. 7
* Die Fragen stellte unser Autor Frank Ganseuer
Deutsche Marine
Leinen los! 1-2/2024 11
Das Trockendock in Rostock ist mit einer Länge von 320 m und einer Breite von 54 m für alle in der Ostsee operierenden NATO-Einheiten eine wichtige Instandsetzungsressource


































































































   9   10   11   12   13