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Geschichte
Überführung SK-1 im Juli/August 1950
Geheimbefehl
Am 1. März 1949 befahl der oberste Chef der SMAD, Marschall W.D. Sokolowski, dem Vorsitzenden der DWK (Zentralregierung in SBZ) den Bau von „20 Seekuttern“ bis Ende 1950. Sein Befehl Nr. 086 (sekretno, geheim!) markiert den Beginn maritimer Rüstung unter Regie der SMAD. Das Schiffspro- jekt wurde in zeitlicher Vorwegnahme unter dem Einfluss Moskaus noch vor Gründung der Hauptverwaltung (HV) Seepolizei (16. Juni 1950) und Grenzpoli- zei Nord/Küste (7. Januar 1950) in Angriff genommen. Der Projektentwurf war bis 1. Mai 1949 vorzulegen. Nach sowjeti- schen Vorgaben sollten die Boote 28 m lang sein und 25 kn laufen können. Vor- gesehen war die Ausstattung mit einer Wasserbombenwurfanlage und dem U-Bootsuchgerät „Taimir 102“. Die Hauptverwaltung Maschinenbau und Elektroindustrie der DWK wurde ver- pflichtet, Industriebetriebe für die Fer- tigung von Anlagen und Zubehör zu benennen. Die Hauptverwaltung Mate- rialversorgung der DWK hatte alle benö- tigten Materialien freizugeben. Die ers- ten 2 Boote waren im Dezember 1949 (!) abzuliefern. Weitere 18 Fahrzeuge soll-
ten lt. sowjetischer Order in 1950 folgen. Die von der SMAD bzw. SKK gesetzten Termine waren illusorisch.
Probleme
Am 22. September 1949 meldete die Lei- tung der Yachtwerft dem Präsidenten der DVdI, dass der erste Seekutter frühes- tens Ende März 1950 ausgeliefert werden könne. Das fünfseitige Schreiben listete in 17 Punkten Probleme in Konstruktion, Fer- tigung und Beschaffung von Anlagen und Zubehör auf. Die schiff- und maschinen- baulichen Zeichnungen waren nicht vor November 1949 werkstattreif. Die Kon- struktion des „Maschinenraums mit 3 Jumo-Motoren 205 D“ in einer Abteilung bereitete Probleme. Das Auto-Reparatur- werk Berlin-Friedrichshain konnte die ers- ten Motoren aus Wehrmachtsbeständen nach Überholung erst ab Mitte Novem- ber 1949 liefern. Die Werft musste wegen nicht lieferbaren Zubehörteilen diese in Eigenregie fertigen. Beklagt wurden feh- lende Stahlbleche, Nieten, Kieleisen und Schrauben. Schwierigkeiten bereitete die Beschaffung von Wendegetrieben. Nach Recherchen der Werft könne die Firma Flender in Bocholt 6 Getriebe im Monat zum Stückpreis von 5.500 DM-West lie- fern. Die DWK entschied wegen fehlen- denDevisen,dieGetriebebeiSaxonia fertigen zu lassen.
Rapport bei SKK
VP-Inspekteur Scheffler erstattete am 25. April 1950 der Marine-Abteilung der SKK in Berlin-Karlshorst Bericht über Stand
und Probleme beim Bau der ersten See- kutter. Er bezifferte die bisher anfallen- den Kosten für Bau inkl. Projektierung von SK-1 mit 1.261.836,43 DM-Ost. Für 6 Boote der 1. Serie plante das MdI 5 Mio. DM-Ost. Diese Summe verschlang in 1950 die Hälfte des Budgets „Schiffbau“ der HV Seepolizei von 10,2 Mio. DM-Ost. VP- Kommandeur (FKpt) Reinhold gab zu Pro- tokoll, dass das MdI unter dem Titel „Log- gerbauprogramm“ (20 Seekutter) einen Nachtrag von 14 Mio. DM-Ost anord- nete. Für 1951 veranschlagte die HV See- polizei vom Gesamtetat 66,2 Mio. DM allein 42 Mio. DM (63 %) für den Schiff- bau. 1952 verdreifachte sich der Etat der VP-See auf 175 Mio. DM. Scheffler erhielt die Anweisung, bis 15. Mai Vorschläge für die Abnahmekommission, Probefahrten, Boots-Überführung zur Ostsee und für den Kommandanten von SK-1 vorzulegen.
„26 Meter SK“
Ende April 1950 lief SK-1 unter den Namen FreundsChaFt in der Yachtwerft Berlin-Köpenick vom Stapel. Die 1. Serie von 6 Seekuttern trug die Bezeichnung „26 Meter SK“. In der Aufbauphase der Marine (Seepolizei) war Berlin zugleich auch „Wiege“ des Schiffbaus für die Seestreitkräfte. Im Wendenschloss Ber- lin-KöpenickliefdieAusbildungderers- ten Besatzungen. Der Personalanteil von kriegsgedienten Marineangehörigen lag bei allen SK- bzw. KS-Booten bei 70 bis 80 %. VP-Oberkommissar (OLtzS) Gerhard Thomas oblag die seemännische Ausbil- dung. Werft-Ingenieure übernahmen die Ausbildung des Maschinenpersonals. Der
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SK-1 freundsCHaft im April 1950 nach dem Stapellauf
Foto: Sammlung Ingo Pfeiffer
Zeichnung: Ingo Pfeiffer


































































































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