Page 16 - Leinen los! 10/2025
P. 16
Mensch.Schifffahrt.Meer.
Wirkungsvolle Sturmaufnahme Sonderbriefmarke „Das Boot“
Gerrit Reichert
Es war der 4. November 1941. Ein Herbststurm über dem Atlantik sorgte dafür, dass U 96 und ein Dutzend weiterer
Boote die Fühlung zu einem Geleitzug ver- loren. Neben U 96 war eines dieser Boote U 572 unter dem Kommando von Kapitän- leutnant Heinz Hirsacker. Am Nachmittag des 4. November begegneten sich beide Boote ungefähr auf der Höhe von Vigo. Dem „Kriegsmaler“ an Bord von U 96, Lothar-Günther Buchheim, gelangen inmit- ten der tosenden See rund zwei Dutzend Aufnahmen dieser Begegnung. Der Kom- mandant von U 96, Kapitänleutnant Hein- rich Lehmann-Willenbrock, verzeichnete im Kriegstagebuch (KTB): „PK Buchheim macht wirkungsvolle Sturmaufnahme“. Wenig später notierte der Leitende Inge- nieur, Oberleutnant zur See (Ing.) Friedrich Grade, in seinem privaten Tagebuch: „Ges- tern nachmittag trafen wir 572, Hirsacker (34er), Buchheim mit Photoapparaten und Teleobjektiven auf der Brücke und machte Aufnahmen. Wenn sie gelungen sind, dann ist das ganz phantastisch schön.“
Auf dem Marsch nach USA
Es gelang. Insbesondere eine Aufnahme aus der Serie wurde nicht nur schön, son- dern entwickelte sich zur Bildikone der Atlantikschlacht schlechthin. Denn so all- täglich U-Boot-Begegnungen auch waren und so regelmäßig sie in ruhender See zu den bevorzugten Propaganda-Motiven gehörten, die fotografische Dokumenta- tion einer extrem nahen, geradezu hals- brecherischen Begegnung in stürmi- scher See hatte es noch nicht gegeben. Entsprechend populär wurde das Motiv vom 4. November 1941 bereits im Krieg. Wenige Monate nach der 7. „Feindfahrt“ von U 96 zierte es am 12. April 1942 u.a. den Titel von „Das Reich“, der vom Propagan- daministerium direkt herausgegebenen und international beachteten Wochen- zeitung. Voll und ganz entsprach das Foto seinem propagandistischen Auftrag, indem es die Umdeutung der vor Gibraltar gescheiterten7.„Feindfahrt“zurerfolgrei-
Sonderbriefmarke „Das Boot“/Deutsche Fernsehlegenden – der Film „Das Boot“ bildet als neuntes Motiv den Abschluss der Reihe
16 Leinen los! 10/2025
chen „Paukenschlag“-Fahrt nach Amerika illustrierte: „Auf dem Marsch nach USA“.
Jäger im Weltmeer
Die Sturmaufnahme blieb auch dann noch populär, als „Wolfsrudel“ längst der Geschichte angehörten und die U-Boot- Waffe hohe Verluste und kaum noch Erfolge zählte. Im April 1944 erschien als Bild-„Reportage“ das Propagandabuch „Jäger im Weltmeer“ von Lothar-Gün- ther Buchheim. Direkt beauftragt hatte es das Oberkommando der Kriegsma- rine und zusammen mit weiteren Neuer- scheinungen zum U-Boot-Krieg diente es dazu, den hohen Grad Freiwilliger für die U-Boot-Waffe zu sichern. Die Sturmauf- nahme von anno 1941 zierte das Cover und bereits nach einem Dreivierteljahr, Anfang 1945, sprach sich der Oberbe- fehlshaber der Kriegsmarine und Befehls- haber der U-Boote, Großadmiral Karl Dönitz, persönlich für eine Zweitauflage aus, die das Kriegsende verhinderte.
Ein Buch wie ein Orkan
Jahrzehnte später entfachte der Foto- graf der „wirkungsvollen Sturmauf- nahme“, der ehemalige Angehörige
einer Propagandakompanie der Kriegs- marine, Lothar-Günther Buchheim, einen literarischen Orkan. Eine Bande- role mit dem gleichlautenden Verspre- chen „Ein Buch wie ein Orkan“ zierte im
Die Wochenzeitung „Das Reich“ und das Hochglanzmagazin „Signal“ galten als international wichtigste Sprachrohre des NS-Propagandaministeriums
Fotos: Gerrit Reichert
Foto: Bundesministerium der Finanzen CC BY-ND-4.0, © 2025 Bavaria Film GmbH. Licensed by BAVARIA MEDIA LICENSING

