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Erstes Flaggschiff der US Navy Aus black Prince wird alfred
Sidney E. Dean
Die in der frühen Phase des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges (1775–1783) erworbene alfred wurde im Dezember 1775 zum ersten Flaggschiff der US Navy deklariert.
Die jahrelangen Spannungen zwi- schen London und den dreizehn Kolonien zwischen Massachusetts und
Georgia führten im Frühjahr 1775 zu ers- ten Gefechten zwischen amerikanischen Bürgermilizen und britischen Truppen. Der Landkrieg eskalierte schnell. Die Royal Navy beherrschte derweil die Meere und richtete – vorerst in Neuengland – Blo- ckaden der wichtigsten amerikanischen Häfen ein. Die als Kontinentalkongress bezeichnete provisorische Regierung der aufständischen Kolonien bewilligte im Oktober 1775 den Erwerb von vorerst vier Kriegsschiffen als Grundstock einer ame- rikanischen Flotte. Um keine Zeit zu verlie- ren wurde beschlossen, geeignete Han- delsschiffe zu diesem Zweck umzurüsten.
Aus Black Prince . . .
Als erstes Schiff kaufte das Marinekomi- tee am 4. November 1775 den Dreimaster BlAck prince. Das im Herbst 1774 in Phila- delphia fertiggestellte Schiff gehörte der Handelsfirma Willing, Morris & Co. Robert
Robert Morris, wohlhabender Kaufmann aus Philadelphia, regte den ersten Er- werb amerikanischer Kriegsschiffe an
Ölgemälde der AlFred, 1969, Werk des Marinemalers Noland van Powell
Geschichte
Morris, Kompagnon der Firma, war gleich- zeitig Mitglied des Marinekomitees. Bereits als Handelsfahrer BlAck prince spielte das Schiff eine indirekte Rolle im Unabhängigkeitskrieg. Im Verlauf von 1775 unternahm das Schiff zwei Fahrten nach England in der Hoffnung, amerikani- sche Waren vor dem vollständigen Bruch mit dem Mutterland abzusetzen. Am 4. Oktober 1775 kehrte das Schiff von der zweiten Fahrt zurück. Der Kapitän über- brachte Robert Morris einen versiegel- ten Brief von Morris’ englischem Freund und Handelspartner Richard Champion. Der Brief berichtete von einer bevorste- henden Entsendung von zwei unbewaff- neten Transportschiffen mit einer großen Ladung Waffen und Pulver für die briti- schen Truppen in Amerika. Morris legte das Schreiben sofort dem Kontinentalkon- gress vor mit der Folge, dass der Kongress neun Tage später die Aufstellung der ame-
rikanischen Marine einleitete. Das Mari- nekomitee wurde angewiesen schnell zu handeln in der Hoffnung, den britischen Munitionstransport abfangen zu können und die Ladung dem schlecht versorgten Heer George Washingtons zuzuführen.
. . . wird alfred
Nach der Übernahme durch das Mari- nekomitee wurde BlAck prince in AlFred umgetauft. Die Benennung des Schiffs nach Alfred dem Großen, König der Angelsachsen (886–899) hatte Symbol- charakter. Auch Alfreds Land war seiner- zeit durch eine starke Seemacht bedroht. Der König ließ eine kleine, aber effizi- ente, zentral geführte Flotte aufstellen, die imstande war, Wikingerschiffe vor der Küste abzufangen. König Alfred gilt folglich, wenn auch etwas übertrieben, als „Vater der britischen Marine“.
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Foto: National Portrait Gallery
Foto: US Naval History and Heritage Command (NHHC)

