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Mensch.Schifffahrt.Meer.
genheit zitierten Offiziere diese zur all- gemeinen Erheiterung. Vorgesetzte, die das Lachen verlernt hatten, wurden auf- merksam und suchten mit Unterstützung des MfS die Urheber und Druckerei. Wir mussten uns verpflichten, diesen „geisti- gen Unsinn“ nicht mehr zu erwähnen. Der Autor veröffentlichte diese im „MarineFo- rum“, Heft 6/1992. Daraus einige Auszüge: y Wer die Übersicht verloren hat, muss
wenigstens den Mut zu Entscheidun- gen haben. Wer den Mut zu Entschei- dungen hat, muss die Übersicht verlo- ren haben.
y Keiner weiß, was er soll, jeder macht, was er will, alle machen mit.
y Es kann jeder werden, was er soll, ob er will oder nicht.
y Wo wir sind, klappt gar nichts, aber wir können leider nicht überall sein.
y Mancher wird so lange befördert, bis er mit Sicherheit unwirksam wird.
y Operative Hektik ersetzt geistige Wind- stille.
y Initiative ist Disziplinlosigkeit.
„Musikalisches Missgeschick“ mit Folgen
Korvettenkapitän Uwe Schnärz (Crew 68) war 1982/83 Stabschef einer Abteilung von U-Jagdschiffen des Typs hai in der 1. Flottille und zugleich Präsident des Elfer- rates vom Karnevalklub in Peenemünde. Von seinem Bruder aus Thüringen erhielt er eine Musikkassette, u.a. mit dem Song von Udo Lindenberg „Sonderzug nach Pankow“. Die Melodie entsprang dem Thüringer Original „Zug nach Kötzschen- roda“. Bandmitglieder vom Standortor- chester Peenemünde wussten von der Musikkassette und kannten den Song von Udo Lindenberg. Sie amüsierten sich über den Song so wie wir heute auch. Im Nach- hinein betrachtet, passten Text und Melo- die. Vier Wochen vor dem Faschingsabend probte die Band im Veranstaltungssaal der „Zwiebel“. Danach trank man in der Gast- stätte noch einen Absacker, auch Kame- rad Schnärz. Einige blieben im Saal und hörten sich genüsslich den „Honi-Song“
in Abwesenheit von Schnärz an. Irgend- wie kam das heraus. SED-Wächter in Uni- form empfanden das Rockerlied als Provo- kation. Ein anonymer Brief erreichte den Chef der 1. Siche- rungsbrigade, Fre- gattenkapitän Jürgen Barth. Denunziant war der Vorsitzende der Partei (SED)-Kont- rollkommission der 1. Flottille, Fregatten- kapitän Hönig. Als „schuldig“ galt der Inhaber der Musikkas- sette. Schnärz wurde als Stabschef der Abteilung abgelöst. Der Militärstaatsan- walt konnte dem Kor- vettenkapitän jedoch keine Beteiligung beim Abspielen des Songs nachweisen. Flottil- lenchef Konteradmiral Werner Kotte sah das anders. Am 29. April 1983 wurde Schnärz lt. Befehl des Minis- ters für Nationale Ver- teidigung wegen „Ver-
Karikatur aus „Flotten-Echo“
Abb.: Kurt Bebber
Abb.: Hans Räde


































































































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