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MARITIME SICHERHEITSPOLITIK
Fit für die Zukunft – Kurs Marine 2025
Henrik Schilling*
Die Marine stellt die Weichen für die Zukunft – anders als beim Deutschlandtakt bleiben für einen solchen Pro- zess in der aktuellen sicherheitspolitischen Realität nur wenige
Jahre. Die Marine hat genau drei Jahre gebraucht – nicht nur um Papier zu produzieren, sondern ein Um- und Überdenken bestehender Prozesse anzustoßen, neue Beschaffungsprojekte in Auftrag zu geben und einen Operationsplan für ihre eigene Zukunftsfähigkeit zu definieren. Selbstverständlich soll damit nicht die bereits zuvor begonnene Umstrukturierung entwer- tet werden. Vielmehr zeigt der „Kurs Marine 2025“ die Anpas- sungsfähigkeit der maritimen Teilstreitkraft sowie ihre selbst- kritische Auseinandersetzung mit den bestehenden Gegeben- heiten und den zukünftigen Anforderungen. Das Dokument gilt dabei nicht nur als gelungene Überarbeitung des „Ziel- bild Marine 2035+“ unter Einarbeitung interner und externer Kritiken, sondern in gewisser Weise als Operationalisierung der damals angedachten Flottenstruktur.
Abschreckung durch Kampfbereitschaft, oder um es mit den Worten auszudrücken, welche unlängst durch Aktivisten auf unser Bürogebäude geschmiert wurden: Krieg dem Krieg. So kann die Hauptaussage des neuen Papieres der Marine provo- kant interpretiert werden. Dabei geht es allerdings – entgegen der Ansichten ebenjener Gruppierungen – nicht um Kriegs- treiberei, sondern um eine Verhinderung russischer Aggressi- onen. Dies soll durch eigene Auf- und Ausrüstung sowie durch die Fähigkeit gesichert werden, im Fall eines russischen Erst- schlags, die Landes- und Bündnisverteidigung im maritimen Raum zu gewährleisten.
Zu diesem Zweck hat die Marine einen zwar ambitionierten aber durchaus realistischen Plan aufgestellt. Dieser definiert kurz- und langfristige Aufgaben und Ziele und strebt mit dem Jahr 2029 ein klares Zwischenziel für den Aufwuchs der Flotte an. Vier Jahre ist vor allem die Zeit, die Russland laut Ein- schätzungen braucht, um unabhängig vom Verlauf des Krie- ges gegen die Ukraine im gesamten militärischen Spektrum gegen die NATO vorgehen zu können. Sollte es dazu kom- men, möchte die Marine mit einer durchdachten Mischung aus bemannten und unbemannten Systemen in allen Domä- nen (unter, auf und über Wasser sowie an Land) einsatzfähig sein. Das umfasst nicht nur die Realisierung bereits angesto- ßener Projekte, sondern auch die Prüfung marktverfügbarer Systeme sowie die Härtung und den Ausbau landseitiger Ver- sorgungs-, Unterstützungs- und Kommandoinfrastruktur. Kurz- fristig sollen außerdem Investitionen in drei Aspekten beson- ders gefördert werden: Munition, Munition – und nochmals Munition. Denn ohne diese nützt selbst die größte, modernste oder autonomste Flotte nichts. Bis 2035 soll dann verstärkt in neue Technologien und Systeme investiert werden, welche die vorhandenen Einheiten unterstützen und den weitreichenden
Einsatz von Drohnensystemen ermöglichen. Durch das Future Combat Surface System soll dabei auch eine Schwarmfähig- keit erreicht werden.
Darüber hinaus stärkt die Marine ihre regionale Führungsrolle im Ostseeraum weiter. Ein sichtbares Zeichen dafür ist der dies- jährige Start der Großübung Baltops in Rostock – ein Höhe- punkt zahlreicher Initiativen der vergangenen Jahre. Bereits begonnen hat zudem die Koordinierung von NATO-Einsätzen zum Schutz Kritischer Infrastruktur im maritimen Raum durch CTF Baltic, etwa im Rahmen der Operation Baltic Sentry. Die derzeit kleinste Deutsche Marine wird durch den „Kurs Marine 2025“ zwar nicht über Nacht zum maritimen Riesen der Ostsee. Doch sie nutzt alle verfügbaren Möglichkeiten, um ihre Schlagkraft – und damit ihre Abschreckungsfähigkeit – zu maximieren.
Und auch wenn internationale Verpflichtungen außerhalb des Nordflankenraumes und abseits von Landes- und Bündnis- verteidigung keinesfalls verschwinden werden, so ist für die Marine klar: Sie muss die Grundlagen schaffen, um bis spätes- tens 2029 die erforderliche Kampfkraft zur lückenlosen Vertei- digung bereitzuhalten.
Mit dem vorgestellten Papier geht sie damit einen großen Schritt in die richtige Richtung. Nun liegt es auch an der Poli- tik, den eingeschlagenen Weg zu unterstützen. 7
* Henrik Schilling ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Insti- tut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel und promo- viert zum Themenbereich Kritischer Maritimer Infrastruktur und hybrider Kriegsführung.
Leinen los! 7-8/2025 49
Foto: ISPK


































































































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