Page 27 - Leinen los 7-8/2024
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Mecklenburg-Vorpommern, 8 % in Bre- men und 5 % in Hamburg. Die restlichen 9 % verteilen sich auf Schiffbaubetriebe in anderen Bundesländern.
Einige Anmerkungen zum Marineschiff- bau, der wie in den vorangegangenen Jahren rund ein Drittel zum Gesamtum- satz der deutschen Schiffbauunterneh- men beigetragen hat. Seine Leistungs- fähigkeit ist unbestritten, worauf nicht zuletzt die hohe Exportquote hinweist. Für die Deutsche Marine wird gegenwär- tig ein schon vor geraumer Zeit einge- leitetes überfälliges Erneuerungspro- gramm abgewickelt, ohne nennenswer- ten Aufwuchs für deren Fähigkeiten. Von der häufig zitierten „Zeitenwende“ des Kanzlers ist bis jetzt bei der Marine wenig angekommen. Gleiches gilt für das viel- beschworene „Sondervermögen Bun- deswehr“. Hier besteht ein dringender Handlungsbedarf, ganz besonders vor dem Hintergrund der Ambitionen Russ- lands in der Ostsee. Das bewiesene Durchsetzungsvermögen des amtie- renden Verteidigungsministers sollte der Marine und damit auch den Werf- ten Anlass zu Hoffnungen geben.
Das Problem China ist ein europäisches
Die Nachfrage auf dem Weltmarkt sei jetzt das dritte Jahr in Folge auf einem recht hohen Niveau gewesen, hieß es von Seiten des VSM. Das habe auch zu einer hohen Auslastung der deutschen Schiffbau-Zulieferindustrie geführt, die sehr stark die Weltmärkte bediene. Knapp die Hälfte ihrer Umsätze gene- riere sie von außerhalb der europäischen
Grenzen. Generell müsse aber festge- halten werden, dass der Schiffbau-Boom der letzten drei Jahre weitgehend an Europa vorbeigegangen sei. Der europä- ische Marktanteil liegt laut VSM gerade noch bei 3,8 %.
Vor Corona habe man in Europa noch nahezu gleichauf mit der asiatischen Kon- kurrenz gelegen. „Das hat sich mit der Pan- demie schlagartig geändert.“ Das werde auch aus den neu georderten Schiffsty- pen deutlich. Neue Handelsschiffe würden zum allergrößten Teil in China und Südko- rea gebaut. In Europa würden im Bereich des zivilen Schiffbaus fast nur noch Passa- gierschiffe in Auftrag gegeben. In Zahlen ausgedrückt, seien das 85 % des Auftrags- bestandes, so der VSM.
Aus dem vormals globalen Wettbewerb sei inzwischen ein nahezu chinesisches Monopol geworden. Selbst Südkorea
Mensch.Schifffahrt.Meer.
Asiens Schiffbauer, hier Südkorea, beherrschen dank massiver Subventionen den Markt
kann dem nur noch wenig entgegen- setzen – der Abstand ist deutlich. Wenn die beiden asiatischen Konkurrenten bei dem Bieten um ein neues Projekt an den Start gingen, dann geschehe das oft mit Preisen, die nicht einmal die Materialkos- ten deckten, und zwar die Materialkosten im eigenen Land. Bei derartigen Wett- bewerbsbedingungen hätten die euro- päischen Schiffbauer verständlicher- weise keine Möglichkeiten mitzuhalten. Die liberale Grundausrichtung der EU hat bisher, bis auf Ermahnungen, keine politischen Gegenmittel gefunden. Zudem habe die Coronapandemie die hohe Anfälligkeit der europäischen Stra- tegie, sich allein auf Spezialschiffbau und High-End-Märkte zu beschränken, auf- gezeigt. Allerdings hätten der russische Angriffskrieg und die bei jeder sich bieten- den Gelegenheit beschworene russisch- chinesische „Partnerschaft ohne Grenzen“ die Gefahren von strategischen Abhän- gigkeiten verstärkt in den Fokus gerückt. Inzwischen haben zuvor bewusst vermie- dene Begriffe, wie Economic Security, technische Souveränität oder strategi- sche Autonomie immer öfter Eingang in den politischen Diskurs gefunden.
Eine krisenfeste und nachhaltige mari- time Versorgung Europas müsse das Ziel sein, hieß es zusammengefasst. Dazu gehöre nicht zuletzt der Erhalt der Schiffbaufähigkeiten und dazu brauche es effektive Rahmenbedingungen, die möglichst rasch in der EU festgelegt und national implementiert werden müssten. Auch der Marineschiffbau sei durch die vielen Krisen weltweit wichtiger denn je geworden. 7
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