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Das Kleine Raketenschiff WyschniJ WoLotschek (Вышний Волочек) des Projektes 21631 BuJan-M kehrt nach der Gefechtsausbildung nach Sewastopol zurück, 30. Juni 2018
Die Ostsee ist „nicht mehr die maleri- sche, ruhige und friedvoll überflutete Wiese von Handel und Tourismus, nicht mehr nur Raum der Zusammenarbeit, sondern zunehmend möglicher Schau- platz eines strategischen Wettbewerbs“ (Dr. Bruns, Leinen los! 3/2024). Seit 2022 beobachten wir eine zunehmende mili- tärische Konfrontation von Aufklärungs- und Kampfflugzeugen im Luftraum über der Ostsee sowie eine verstärkte, rotie- rende militärische Präsenz von NATO- Seestreitkräften im Baltikum. Diese Handlungen bergen Gefahren für einen militärischen Konflikt.
Mehrmals nutzten in der Vergangen- heit Vertreter der Deutschen Marine (Unterabteilung Rüstung im BMVg) und seit 2003 kontinuierlich Angehörige der ehemaligen Volksmarine die Internati- onal Maritime Defence Show (IMDS) in St. Petersburg zu bilateralen Gesprächen (Leinen los! 10/2019). Zum Tag der rus- sischen Seekriegsflotte am letzten Juli-
Sonntag reisen Angehörige der ehe- maligen Volksmarine nach Baltijsk/Kali- ningrad (Leinen los! 11/2016). Bis heute treffen sich ehemalige Absolventen sow- jetischer Militärakademien (u.a. auch Offiziere der Volksmarine) auf Einladung des Militärattachés der Russischen Föde- ration in der Botschaft in Berlin.
Aufbau
Der Aufbau der Baltischen Flotte begann 1696 unter Zar Peter I. Der 18. Mai 1703 gilt als Gründungstag der Baltischen Flotte Russlands. Zugleich erfolgten im Jahr 1703 die Grundsteinlegung der Fes- tung Kronstadt und die Kiellegung des ersten Kriegsschiffes. Die Flotte ent- stand während des Nordischen Krieges von 1700 bis 1721, nachdem sich russi- sche Truppen an der Mündung der Newa festgesetzt hatten. Mit ihrer 321-jährigen Geschichte ist die Baltische Flotte die älteste Marine der Russischen Födera-
Navy News
Baltische Flotte Russlands Historischer Abriss – Rückführung – Erneuerung
Holger Neidel/Ingo Pfeiffer
Nach einer Periode von Partner- schaft zwischen der Deutschen Marine und Baltischen Flotte in der
Ostsee in den 1990er-Jahren bis 2013 mutiert diese seit 2014 mehr zur Reak- tanz. 1993 gründete die NATO mit Betei- ligung Russlands das „Partnership for Peace Programm“ mit einem Büro in Brüssel. Von 1997 bis 2013 nahmen Ein- heiten der Baltischen Flotte an der von den USA geführten Übung BALTOPS teil. Den Abschluss bildete die Präsenz von Flottenkräften zur Kieler Woche. Nach Einladung der russischen Korvette Boiky 2014 durch das Organisationskomitee der Kieler Woche erteilte die Bundes- regierung dem Marineschiff ein Einlauf- verbot. Die Mentalität im Umgang mit- einander ähnelt zurzeit der des Kalten Krieges. Die Ausgrenzung von Angehö- rigen und Schiffen der Baltischen Flotte in internationalen Gremien, z.B. dem Rat der Flotten-Kommandeure in der Ost- see ist inzwischen systemisch geworden.
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Foto: Artjom Balabin