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Geschichte
gramm. Zum Abschluss erklang „Alte Kameraden“. Zur Überraschung über- gab dabei KptLt Peter den Taktstock an KptLt Krause und spielte dann im Orches- ter mit. Als Zugaben folgten „Radetzky- marsch“ und „Yorkscher Marsch“. Das Kon- zert weckte Hoffnungen auf den Fortbe- stand des SMK. Keiner ahnte, dass es das Orchester in elf Wochen nicht mehr geben würde. Der Deutsche Fernsehfunk (DDR) zeichnete das Konzert auf. Die Sendung lief am 11. August 1990. Zu dem Zeitpunkt wuchs die Gewissheit, dass die VM mit der Deutschen Einheit „abgewickelt“ wird. Über das Wie bestand noch Ungewissheit.
10. Juli mit Vorahnung
VAdm Born kam die gespielte Einheit beider Flotten surreal vor. Er wusste aus dem inoffiziellen Treffen fünf Tage zuvor mit dem Inspekteur der Marine, VAdm Hans-Joachim Mann, dass die VM in der Struktur „Flotte 2000“ nicht willkommen war. In dem Gespräch am 10. Juli auf dem Zerstörer LütjenS wurde Born der bevorstehende „Untergang der Volks- marine“ drastisch mitgeteilt. Der Ins- pekteur erwähnte: „Ich muss um 50 % reduzieren und jetzt kommt ihr noch.“ Neben der Reduzierung aus finanzpoliti- schen Zwängen vertrat Mann die Ansicht, dass es eine Bedrohung aus dem Osten nicht mehr gibt und in Zukunft auch nicht geben wird. Born mit exzellenten Kenntnissen zur UdSSR sah das nicht so! Es kam auch alles ganz anders. Rück- blickend gab das Warnemünder Kon-
Musikkorps 1. Flottille 1981, Hintergrund Landungsschiffe Projekt 108
Musikkorps 1. Flottille 1983, vor dem Stabsgebäude, 1. Reihe l. OLt Hartmut Haker, 2. Reihe r. Stabsobermeister Roick
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zert den musikalischen Auftakt des Abgangs einer Marine nach 40 Jahren ihrer Geschichte. Zeitgleich folgte am 15./16. Juli 1990 im Kaukasus durch Gor- batschow und Kohl der politische K.o.- Schlag für die NVA/VM. Sie wurde vom einstigen Waffenbruder in Abwesenheit „verraten und verkauft“.
SMK in München
Ende Juli 1990 spielte das SMK auf der Militärmusikschau an der Pionierschule der Bundeswehr in München. Zur Eröff- nung der 38. Weltmeisterschaft der Con- seil International du Sport Militaire (CISM) im Militärischen Fünfkampf erlebten Aktive und Besucher die Uraufführung von fünf Militärorchestern, der US Army, der Britischen Rheinarmee, eines Fran- zösischen Regiments, der Luftwaffe und des SMK der VM unter Leitung von KptLt Krause.
Rückblick
Der Aufbau eines Musikzuges mit zunächst sieben Mann der Hauptverwal- tung Seepolizei, Vorläuferorganisation Seestreitkräfte DDR, begann 1950/51. Die Gründung ist erst durch den Befehl 147/52 vom 4. Juni 1952 dokumentarisch belegt. Die Musiker standen unter Lei- tung von Seepolizei-Kommissar Ernst Weiß. Unter dem Kaiser war er Stabs- hoboist, in der Reichsmarine Tambour- major und in der Kriegsmarine Musik- meister. Jetzt dirigierte er mit 60 Jahren den Musikzug der Seepolizei. Am 1. Mai 1952 paradierte er im Exerzierschritt mit seinen 24 Musikern, die auf ihren Instru- menten spielten, auf dem Berliner Marx- Engels-Platz. Das sorgte unter den Berli- nern für erhebliches Aufsehen. Im August 1952 spielte das Orchester zur Eröffnung der Baubelehrungsabteilung in Wolgast den Marsch „Gruß an Stralsund“. VAdm Waldemar Verner, Chef der Volkspoli- zei-See, stutzte. Ihm war die Melodie des Marsches bekannt: „Mich deucht, ich habe den schon mal gehört?“ Weiss erwiderte in strammer Haltung: „Früher hieß er ‚Gruß an Kiel’, habe den Marsch umgetauft, Genosse Admiral“.
In den 50er-Jahren etablierten sich Musik- korps an der Seeoffiziersschule Stralsund, der 1. Flottille in Peenemünde und 4. Flot- tille in Warnemünde. In den 60er-Jahren folgte das Korps der 6. Flottille in Dranske. Ihre anfängliche Stärke betrug 18 Musiker, dann 30 mit einem Leiter im Offiziersrang.
Vom Schmied zum Musiker
Siegfried Roick (Jg. 1939) von Beruf Schmied, stammte aus einer musika- lisch veranlagten Familie. Er gründete in Groß Räschen (Lausitz) die Tanzka- pelle „Lappa Loma“. Als die Marine
Foto: Archiv Roick
Foto: Archiv Roick


































































































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