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Boarding-Ausbildung von Schutzkräften der Elfenbeinküste auf einer deutschen Fregatte
maritimen Wirtschaft die „Informations- Plattform Piraterieprävention“ an. Diese ermöglicht dem Benutzerkreis den Aus- tausch aktueller Informationen zwischen Reedereien, Behörden und maritimen Organisationen über Piraterie. Dabei geht es um Informationen über gefähr- liche Schiffsrouten und um eine schnel- le und zielgerichtete Steuerung zu aktu- ellen Lageerkenntnissen mit dem Ziel, Handlungsmöglichkeiten zum Schutz vor Piraterie zu geben und Schiffsent- führungen zu verhindern.
Zu den Dienstleistungen des PPZ ge- hören u.a. aktuelle Risikobewertungen, Empfehlungen für technische Präven- tionsmaßnahmen, Maßnahmen zum Schutz der Besatzung, Vermittlung von Verhaltensgrundsätzen wie passive Ab- wehr (Wasserschläuche, Relingschutz, Zi- tadelle) oder praktische Abwehr (nauti- sche Manöver), Umsetzen von Gefahren- plänen und Best Management Practices, Teamtraining oder Psychologische Vor- bereitung.
Noch im Juli 2019 fand in Accra/Ghana die Internationale Maritime Defense Ex- hibition and Conference (IMDEC) statt. Die Konferenz galt als Weiterführung der 2014 in Lagos/Nigeria abgehaltenen Konferenz Delivering Maritime Security to Africa. Bei den Konferenzen ging es um Lösungen, wie die Piraterie in den Hoheitsgewässern und Ausschließlichen Wirtschaftszonen der westafrikanischen Staaten durch länderübergreifende Ko- operation der afrikanischen Marinen ein- gedämmt werden kann. Die Ergebnisse waren dürftig.
Nigeria hat Anfang 2020 ein mit 180 Mio. Dollar unterstütztes Überwachungs-Pro- jekt Deep Blue initiiert. Damit soll der Einsatz von Schiffen und Hubschrau- bern zur Überwachung und Sicherung der Ausschließlichen Wirtschaftszonen intensiviert werden. Allerdings gilt die- ses Projekt nicht der Piraterie-Bekämp- fung, sondern vorrangig dem Öldieb- stahl, Schmuggel, Terrorismus und der illegalen Fischerei. Für Nigeria sind das die größeren Probleme. Wegen der Co- rona-Krise liegt dieses Projekt aber noch auf Eis.
Zwar ist die Kooperation zwischen den Ländern am Golf langsam angelaufen, doch trotz all dieser Initiativen ist es bis- lang nicht zu einer konsequenten Be- kämpfung der Piraterie gekommen. Denn das Grundproblem aller westafri- kanischen Küstenländer bleibt, es gibt zu wenig Boote/Schiffe, es mangelt an
der Ausbildung und Ausrüstung der Si- cherheitskräfte und wohl auch am ener- gischen Durchsetzungsvermögen, um die riesigen Seegebiete von Sierra Le- one bis Kamerun effektiv und wirksam überwachen und sichern zu können. Et- lichen Staaten mangelt es nicht nur an Küstenwachbooten, sondern auch an Kraftstoff, um ihre wenigen Patrouillen- boote zu betanken. Schließlich erschwe- ren chronische Korruption und Bürokra- tie in der Region, in die selbst ranghohe Politiker und Militärs verstrickt sind, ei- ne effektive Bekämpfung der Piraterie. Auf dem Index der Korruptionswächter von Transparency International, der 180 Staaten umfasst, besetzt beispielsweise Nigeria den 144. Platz.
Piraterie-Präventionszentrum (PPZ)
Vorbeugung und Bekämpfung der Pi- raterie zählt in Deutschland zu den Auf- gaben der Bundespolizei See. Da die Deutsche Marine gemäß Grundgesetz nur militärische Befugnisse besitzt, darf sie nicht zum Vollzug sonstiger hoheitli- cher Befugnisse auf hoher See herange- zogen werden. Das bleibt der Bundes- polizei See überlassen. Als Reaktion auf die Zunahme der Piraterie hat die Bun- despolizei 2010 das Piraterie-Präven- tationszentrum (PPZ) in Neustadt/Hol- stein eingerichtet. Das Zentrum ist rund um die Uhr besetzt. Das PPZ bietet der
Das Piraterie-Präventionszentrum ist rund um die Uhr besetzt
2019 befasste sich das PPZ mit Informa- tionen von über 95 Piraterievorfällen (Überfälle und Entführungen) im Golf von Guinea. Davon waren auch deut- sche Containerfrachter wie beispiels- weise der Frachter MarMalaita betrof- fen, der vor Kamerun von Piraten geka- pert wurde oder der Containerfrachter tOMMi ritsCher, der im Mai 2020 vor Be- nin vor Anker lag. Acht Seeleute wurden entführt. Für solche Fälle ist die deut- sche Bundespolizei See zuständig, die sich aber in der Regel aus verständli- chen Gründen mit Informationen über Details der Vorgehensweise bei der Strafverfolgung sehr bedeckt hält, um laufende Ermittlungen nicht zu beein- trächtigen. 7
Mensch.Schifffahrt.Meer.
Leinen los! 10/2020 19
Foto: Bundespolizei
Foto: OE 2015


































































































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