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NACHRICHTEN AUS DER SEEFAHRT
Doppelrumpf-Schwimmkran für Spezialaufgaben
Europäische Unternehmen können zwar mit überaus leistungsfähigen Schwimm- kranen punkten, aber einen wie den 2010 in Dienst gestellten VB-10.000 gibt es wohl nur in den USA. Er wird auch als Schwerlast-Doppelportal-Katamaran bezeichnet, was sich vor allem aus sei-
ner Konstruktion ergibt. Sie besteht auf zwei im oberen Teil zueinander geboge- nen Fachwerkrahmen, die auf kahnarti- gen Pontons ruhen, auf denen Werkstät- ten und Gerätelager untergebracht sind. Sie sind jeweils 91 m lang und 22 m breit. Die gesamte Breite der beeindrucken-
den Konstruktion erreicht stolze 96 m. Der freie Abstand zwischen den Pontons beträgt 49 m. Der Schwimmkran hat zwar keinen eigenen Antrieb, verfügt jedoch über ein Dynamisches Positionierungs- System, das über jeweils vier in den Pon- tons installierte Propeller gesteuert wird. Auf jedem der Pontons ist zudem ein Hubschrauberdeck angebracht. Entwickelt wurde der Gigant mit einer He- befähigkeit bis zu 6.800 t ursprünglich, um im Golf von Mexiko Reste havarierter Bohrinseln aus Tiefen bis zu 110 m zu ber- gen. Das geschieht mit dem speziellen Greifer the ClaW. Geborgene Teile werden auf freien Decksflächen der Pontons zwi- schengelagert. Dass VB-10.000 aber nicht nur für die Bergung von Bohrinsel-Resten gut ist, zeigt beispielhaft jüngst sein Ein- satz bei der Bergung des vor der US-Küs- te havarierten, mit rund 4.000 Fahrzeugen beladenen Autofrachters gOlden ray. Das Wrack wurde in mehrere Blöcke zerlegt und von VB-10.000 für den Abtransport zum Recycling in Louisiana auf Lastkähne gehoben. hjw
Querstrahlanlagen an Bug und Heck für ei- ne maximale Manövrierfähigkeit. Weitere ökologische Merkmale sind Reedereian- gaben zufolge LED-Innen- und Außenbe- leuchtung, biologisch abbaubare Anstriche und Schmiermittel sowie eine Dampfhei- zung mit minimalem Stromverbrauch. Für die Frischwassererzeugung soll die Abwär- me aus der Müllverbrennung verwendet werden. Die 107 m langen und 17,6 m brei- ten Schiffe bieten Platz für 174 Passagiere und 80 Besatzungsmitglieder. hjw
VB-10.000 wird an der Pier in New Orleans für den nächsten Einsatz vorbereitet
Expeditionsschiffe mit Extraklasse
Passagierschiffe, die speziell für Fahrten in arktische Gewässer gebaut sind, werden heute als Expeditionsschiffe bezeichnet. Für diese gewöhnlich kleineren Schiffe hat die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO einen neuen „Polar Code“ mit zwin- genden Anforderungen entwickelt, um ei- nen sicheren Schiffsbetrieb und damit den Schutz der hochsensiblen polaren Umwelt zu gewährleisten. Jüngste Vertreter dieser Expeditionsschiffe mit der Eisklasse 1A Su- per und dem Polar Code 6 sind die Mitte
dieses Jahres von der kroatischen Werft Brodosplit an die niederländische Reede- rei Oceanwide Expeditions abgelieferte hOndius und das noch im Bau befindliche Schwesterschiff JanssOnius.
Ihr emissionsarmes Antriebssystem be- steht aus jeweils zwei Hauptmototoren mit einer Leistung von 4.260 kW für bis zu 15 kn Geschwindigkeit. Sie wirken auf ei- nen Schottel-Verstellpropeller, der für ei- nen geringen Lärm- und Vibrationspegel sorgt. Von Schottel kommen ebenfalls die
Die mit 6.300 GT vermessenen neuen Expeditionsschiffe bieten Platz für bis zu 174 Passagiere
Leinen los! 10/2020 27
Foto: Schottel
Foto: Versabar