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Mensch.Schifffahrt.Meer.
Segeln in Zeiten der Seuche Ein Erlebnisbericht von der Bark artemis
Andreas von Klewitz
Eigentlich sollte es aufgrund der Corona-Einschränkungen an die deutsche Ostseeküste gehen, im letzten Moment aber kam die große Überraschung: die dänischen Behörden gaben den geplanten Seeland-Törn frei! So konnte die Bark Artemis der niederländischen Tall Ship Company am 24. Juli 2020 wie vorgesehen von Kiel- Holtenau zu ihrer einwöchigen Dänemark-Reise starten. Nicht nur für die Bark war es die erste Fahrt nach Aus- bruch der Pandemie, sondern auch für ihren Kapitän Bouke Douma. Zusammen mit Steuermann Mario Czok, „deck hand“ Hylke Talsma und dem „Bodenpersonal“ Ella, Harris und Piet sorgte er dafür, dass das Unterneh- men vom ersten bis zum letzten Moment ein Vergnügen war. Gesegelt wurde auf jeden Fall reichlich. Und die Trainees lernten Ecken und Winkel von Dänemark kennen, die selbst die Crew noch nicht besucht hatte.
Die Einschiffung in Kiel-Holtenau fand zu unerwartet früher Stunde statt. Während die Prozedur gewöhnlich
am Abend erfolgt, mussten die Mitfahrer am 24. Juli schon um 12 Uhr mittags am Thießenkai sein, damit das Schiff noch am selben Tag in See stechen konnte. Damit hatte man aber immerhin einen halben Tag gewonnen! Entsprechend straff war das Programm. Noch bevor die Bark die Förde verließ, gab es an Bord die erste Sicherheits- und Segeleinwei- sung. Dabei wurden natürlich auch die obligatorischen Corona-Maßnahmen
Deck hand Hylke Talsma an seinem schwankenden Arbeitsplatz
besprochen. Dies geschah ohne jegli- che Aufregung und Panikmache, man beschränkte sich vielmehr darauf, auf die Abstandsregeln und das Desinfizie- ren der Hände hinzuweisen. Und was die vorgeschriebenen Masken in geschlosse- nen Räumen und unter Deck anbelang- te, konnten die Trainees für wenig Geld schmucke marineblaue Exemplare der Tall Ship Company mit Firmenlogo und Aufdruck des Schiffs erwerben.
Am Nachmittag des 24. ging es das ers- te Mal ans Segelsetzen. Statt der übli- chen 30 Mitfahrer waren nur 14 an Bord, aber das tat dem Arbeitseifer keinen Ab- bruch. Bei herrlichem Sonnen-Wolken- Mix und leichtem Seegang passierte man gegen 18 Uhr Langeland und verbrach- te die erste Nacht zwischen den Inseln Omø und Aggersø. Der 25. Juli begann mit ähnlichem Wetter. Nach dem Früh- stück wurde abermals gesegelt, mittags erreichte die arteMis bei Sonnenschein die imposante Storebæltsbro, die längs- te Hängebrücke Europas, die Fynen mit Seeland verbindet. Gegen Abend lief man dann in Kalundborg ein, wo Crew und Gäste erstmals Gelegenheit für ei- nen ausgiebigen Landgang hatten und Sehenswürdigkeiten wie die im 12. Jahr- hundert erbaute Frauenkirche besuchen konnten. Am 26. morgens 9 Uhr war al- les klar zur Weiterreise, das Wetter aller- dings zeigte sich jetzt regnerisch unge- mütlich. Das hinderte die Trainees nicht daran, wieder Segel aufzuziehen, was un- ter Hylkes Anleitung schnell und prob- lemlos bewerkstelligt war. In der zweiten
30 Leinen los! 10/2020
Für den Kapitän der Artemis war es die erste Fahrt nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie
Tagehälfte klarte es auf, gegen 16 Uhr war Sjællands Odde zu sehen, etwa drei Stunden später erreichte die Bark Hun- dested an der Mündung des Isefjord. Passend zum Ortsnamen wurde man sogleich von mehreren Vierbeinern be- grüßt, ein kleiner Hund kam sogar so dicht ans Schiff, dass die Reisegesell- schaft ihm ihre Huldigung in Form von Streicheleinheiten erweisen konnte. Am nächsten Morgen um 6 Uhr fuhr die ar- teMis wieder aufs Meer hinaus, um die ei- gentliche Attraktion der Rundfahrt – Ko- penhagen – anzusteuern.
Fotos: von Klewitz


































































































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