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Geschichte
ein paar Jahre später auf den Inseln er- staunlich liquide; neue Häuser werden ge- baut. Offizielle Erklärung: keine. Im Som- mer 1857 legt eine günstige Strömung das Wrack plötzlich wieder annähernd frei. So- fort beginnen erneute Unterwasserarbei- ten. Die Taucher bergen einige Kanonen, dann 44 Gold- und 64 Silberbarren sowie 15.028 spanische Münzen. Auch erschei- nen ganze Horden von Fischern auf dem Plan. Was sie an Land ziehen, ist nicht ver- bucht. Zwei Jahre später bringen Taucher die Glocke der lutine an die Oberfläche, die bis noch vor wenigen Jahren bei dem gebeutelten Unternehmen Lloyds jeden neuen Schiffsverlust einläutete. Im Jahr da- rauf wird das Ruder geborgen. Aus ihm lässt Lloyds einen kunstvoll verarbeiteten Tisch und einen Sessel fertigen.
Geborgene Kanonen am Hafen von Terschelling, auch zwei von der lutine sind dabei
Das Behouden Huys beherbergt eine Menge Exponate zum Thema lutine
Schweres Gerät wird eingesetzt
Bis zum Herbst 1886 finden zahlreiche neue Bergungsversuche statt, bei denen unter anderem ein Muschelsauger einge-
setzt wird. Die Bilanz ist dürftig: ein Ge- genwert von insgesamt 11.216 Gulden. Bis 1925 werden als nächstes, nur kurz von Kriegsnöten unterbrochen, immer aufwendigere Unternehmungen ange- stellt, alle scheinbar erfolglos. Im Schick- salsjahr 1933 versenkt man eine über 100 t schwere Taucherglocke über dem Wrack, findet nichts und wiederholt das Experiment zwei Jahre später. Ein Tau- cher kommt dabei ums Leben, und jetzt ist erst einmal Schluss.
Im April 1938 wird die KariMata, der größ- te Zinnbagger der Welt, über dem Wrack der lutine verankert. Die gewaltigen Ei- mer beginnen zu arbeiten. Ergebnis bis zum Herbst desselben Jahres: ein Gold- barren, eine Handvoll Münzen, drei Ka- nonen, ein Anker, ein paar Kleinteile. Dann muss die KariMata nach Indonesi- en weiter. Insider vermuten, dass es sich bei dem Einsatz lediglich um einen Pub- licity-Gag der Reederei handelte.
Nach dem Krieg setzte sich das Spiel fort; zuletzt war zu Beginn der 1990er-Jahre ei- ne neuseeländische Gruppe im Vliegat aktiv. Ergebnis: null. Die Wrackreste der lutine, von den Tiden verschoben, von Sprengstoffen zerbombt und von Bag- gern zerschaufelt, befinden sich manch- mal unter bis zu 20 m Sand. Dann, einer Laune der Nordsee folgend, mögen sie plötzlich wieder hervortreten. Aber sind es dann auch die Trümmer dieses Schif- fes und nicht eines anderen? Kenner der Materie sind der Ansicht, dass sich noch „350 Gold- und 80 Silberbarren“ in der Tiefe befinden könnten, aber es sind Na- deln im Heuhaufen.
Zwei aus der lutine geborgene Kano- nen stehen im Hauptort von Terschel- ling, „West“. Außerdem sind im Stadt- museum ‘t Behouden Huys diverse Exponate zum Thema ausgestellt, da- runter ein Modellschiff und drei Gold- barrenimitate. 7
Schautafel zum Thema „Tauchen auf der lutine“ 42 Leinen los! 10/2020


































































































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