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Mensch.Schifffahrt.Meer.
Lehrling auf Abwegen
Der Marinemaler Max Schröder-Greifswald
Andreas von Klewitz
Dass große Künstler oft aus Hand- werkerfamilien stammen, zeigt das Beispiel des Greifswalder Marine-
malers Max Schröder. Er, der später sei- nen Nachnamen um den Namen sei- ner Heimatstadt ergänzte, wurde am 3. März 1858 als fünftes Kind eines Schneidermeisters in der Hansestadt
en und das gemeinsame Angeln auf dem Fluss Ryck gefiel ihm, Matrose werden durfte er dennoch nicht. Obwohl sein Bruder als Steuermann zur See fuhr, woll- te der Vater eine solche Berufswahl nicht unterstützen und drängte ihn, eine Aus- bildung in einer lithografischen Anstalt zu beginnen. Aber auch dieser Versuch
ging schief. Da der Meister den Jungen nur für einträgliche Arbeiten in seinem Betrieb verwendete und die Ausbildung dabei auf der Strecke blieb, kehrte Schrö- der-Greifswald der neuen Lehrstelle bald den Rücken und heuerte durch Vermitt- lung eines Freundes auf dem Dreimast- schoner provideNtia an.
So sehr sich der eigenwillige Schneider- sohn auch über die Erfüllung seines Kind- heitstraums freute, war die Wirklichkeit eher ernüchternd. Zunächst musste er mit dem Kapitän per Eisenbahn nach Hamburg, um von dort mit einem Damp- fer zum Schoner nach London weiterzu- reisen. Die Überfahrt war nicht ohne Tü- cken. Kaum hatte man abgelegt, wurde der Seemann in spe seekrank. Auf der provideNtia erging es ihm kaum besser. Zwar genoss er als Kajütbursche des Ka- pitäns einen gewissen Schutz, doch ge- gen schlechtes Wetter war er nicht gefeit. Hagelböen begleiteten die Fahrt in den Atlantik, vor der spanischen Küste kam Sturm auf. Beinahe wäre Schröder-Greifs- wald dabei von einem Brecher über Bord gespült worden, aber der Steuermann bekam ihn im letzten Moment zu fassen und rettete ihm das Leben.
Überhaupt hatte der Junge Glück mit seinen Kameraden. So nahm ihn ein
SMS cHarLotte in der heißen Zone, Blatt aus der Sammelmappe „Deutschlands Kriegsschiffe” nach Ölgemälden von
Max Schröder-Greifswald von 1898
geboren. Schon früh träumte er davon, zur See zu fahren, der Weg dorthin war allerdings beschwerlich. In seiner 1902 im Selbstverlag erschienenen Autobio- grafie „Vom Matrosen zum Künstler“ hat er ihn ebenso humorig wie ausführlich beschrieben. Demnach ging er nach der Schule auf Wunsch der Eltern zunächst bei einem chirurgischen Instrumenten- macher in die Lehre, brach diese jedoch ab, da ihm das Abputzen von Amputa- tionsinstrumenten nicht gefiel. Sein Va- ter steckte ihn daraufhin in eine Schnei- derei, doch hatte der Junge auch dazu nicht die rechte Lust. Von Fernweh ge- trieben, verließ er sein Elternhaus und half bei seinem Onkel, einem Greifswal- der Segelmacher, in dessen Werkstatt aus. Das ungebundene Dasein im Frei-
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Abbildungen (12): Autobiographie „Vom Matrosen zum Künstler”
Foto: Wikimedia
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