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Mensch.Schifffahrt.Meer.
Zeitreisender mit Pinsel und Lupe Der australische Marinemaler Richard Linton
Andreas von Klewitz
Ob Richard Linton noch lebt, ist ungewiss, die Website seiner Maritime Art Gallery im australischen
Frankston South ist nicht mehr abruf- bar. Dabei war der 1935 in Melbourne geborene Autodidakt Mitglied der Aus- tralian Society of Maritime Arts (ASMA) und hat sich während seiner gut 50-jäh- rigen künstlerischen Tätigkeit internati- onales Ansehen erworben. Ausgebildet wurde Linton an der Melbourne School of Printing im Bereich Fotolithografie. Dieser Umstand kam ihm später zupass, als er seine Segelschiffe handsigniert und in limitierter Auflage als hochwer- tige Drucke auf den Markt bringen ließ. Sein erstes Motiv war der legendäre Clip- per cutty sark, welchen er 1957 auf die Leinwand bannte. Seinen eigentlichen Durchbruch hatte der Künstler aber erst gut 20 Jahre später, als er seine Bilder auf Empfehlung der Franklin Mint in den tra- ditionsreichen Mourlot Studios in Paris reproduzieren ließ, wo Pablo Picasso, Marc Chagall und Henri Matisse ihre Arbeiten vervielfältigten. In die Zeit der Zusammenarbeit mit der Franklin Gal- lery fiel übrigens auch die Entstehung
China Bound: Auf nach China, hier der Segler FLyinG cLoud
der im vorliegenden Beitrag abgedruck- ten Lithografien „China bound“ (1979), „Landfall-Tahiti“ (1979) und „Fair Wind for Australia“ (1981). Ihre Qualität wurde von Linton persönlich geprüft und ihre Echtheit auf einem rückseitig angebrach- ten Zertifikat durch seine Unterschrift
und die Signatur eines Vertreters der Franklin Gallery bestätigt.
Lintons künstlerisches Können sprach sich in Kunst- und Sammlerkreisen rasch herum. Seine Werke wurden mehrfach ausgezeichnet, darunter zweimal mit dem Heidelberger Kunstpreis. Sie fan- den Eingang in öffentliche und private Sammlungen. Seine Bilder weisen ver- blüffende Detailtreue auf, allerdings war ihre Entstehung zuweilen sehr zeitauf- wendig. So gab der Künstler an, für sein nach einer historischen Vorlage geschaf- fenes Gemälde „On the River Min“, das britische Clipper beim Laden von Tee im chinesischen Fuzhou zeigt, allein ein Jahr für die Skizze und weitere fünf Jahre bis zur Fertigstellung des Bildes benötigt zu haben. Ebenso zeitintensiv sollen die Vorarbeiten zu seinen Gemälden „Spirit of the High Country“, „The Founding of Melbourne“ und „Melbourne by Moon- light – Bourke Street 1857“ gewesen sein. Für letzteres brauchte Linton insgesamt vier Jahre, wobei er alte Fotovorlagen intensiv studierte und deren Details in sein Bild einarbeitete.
Beim Gemälde „The Founding of Mel- bourne“ verwendete er Aufzeichnungen
Fair wind for Australia
30 Leinen los! 1-2/2023