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Der Strategische Kompass als Instrument zur Navigation in unsicheren Zeiten
Im März 2022 haben die EU-Staats- und Regierungschefs den Strategischen Kom- pass als neues außen- und sicherheitspoli- tisches Grundlagendokument verabschie- det. Der Strategische Kompass dient als Richtungsweiser für eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU und somit als Werkzeug zur Krisenfrüherkennung und Navigation. Die Umsetzung des Strategischen Kom- passes soll der EU ermöglichen, schneller auf Krisen zu reagieren. So wurde in die- sem Dokument eine schnell verlegbare Eingreiffähigkeit, die sogenannte „EU Rapid Deployment Capacity“ (EU RDC), beschlossen. Aufbauen wird die EU RDC auf den weiterentwickelten EU-Gefechts- verbänden, den EU Battlegroups.
Auch sollen neue Technologien und Inno- vationen für den Bereich Sicherheit und Verteidigung besser genutzt werden, um strategische Lücken zu schließen und Abhängigkeiten zu verringern. Dadurch soll die Resilienz erhöht und die Abwehr hybrider Bedrohungen, von Cyberangrif- fen und von Desinformationskampagnen gestärkt werden.
Aufbauend auf den seit 2017 bestehenden EU-Verteidigungsinitiativen, unter ande- rem der Ständigen Strukturierten Zusam- menarbeit (PESCO, Permanent Structured Cooperation), soll die Fähigkeitsplanung und -entwicklung im Bereich Verteidigung stärker gemeinsam koordiniert werden. Es gibt derzeit 60 PESCO-Projekte, maritime Projekte eingeschlossen.
Die Umsetzung der GSVP und die Hand- lungsoptionen der EU im militärischen wie auch zivilen Bereich werden von den Mit- gliedstaaten getragen. Sie sind geprägt durch den sogenannten integrierten Ansatz, den „Integrated Approach“. Die- ser basiert auf der EU Global Strategy aus dem Jahr 2016 und hat zum Ziel, Ins- trumente zur Krisenfrüherkennung und -bewältigung auf ziviler und militärischer Ebene zu bündeln und diese zwischen ver- schiedenen EU-Akteuren besser zu koor- dinieren. Hierin liegt ein großer Vorteil der EU, mit ihrem gesamten Handlungsinstru- mentarium auf Krisen zu reagieren. Aktuell haben wir mit den Operationen EUNAVFOR MED Irini und EU Naval Force Somalia Operation Atalanta zwei militärische maritime Operationen in Afrika. Hinzu kommen weitere Ausbil- dungs- und Trainingsmissionen der EU. Derzeit sind 5 000 Frauen und Männer in insgesamt 19 Missionen und Opera- tionen der EU im Einsatz, 11 davon zivil und 8 militärisch.
Maritime Sicherheitspolitik
Berühmt-berüchtigt, die Straße von Hormuz
Hinzu kommen verschiedene Instrumen- tarien der entwicklungspolitischen Zusam- menarbeit der EU auf der zivilen Seite sowie Maßnahmen, die durch die Euro- päische Friedens-Fazilität finanziert wer- den, sowie:
CMP als neues Konzept zur Koordinierung maritimer Präsenz
Seit Februar 2019 wurde das beste- hende Instrumentarium, das die EU ein- setzen kann, um maritime Sicherheit zu gewährleisten, um ein weiteres Werk- zeug ergänzt: The Concept of Coordi- nated Maritime Presences (CMP). CMP ist weder eine Mission noch eine Operation. CMP ist ein flexibles Kon- zept, das es der EU ermöglicht, die mari- time Präsenz von Luft- und Seeeinheiten von Mitgliedstaaten in einem bestimm- ten Seegebiet zu koordinieren. Gleich- zeitig hat die EU die Zusammenarbeit mit Reedern und der maritimen Indus- trie, auf EU-Ebene mit der European Com- munity Shipowners' Associations (ECSA) und dem Verband Deutscher Reeder auf nationaler Ebene in Deutschland intensi- viert. CMP wurde als Konzept in 2020 im Golf von Guinea erstmals pilotiert, und das mit Erfolg. 2020 waren die Fallzah- len von Piraterie im Golf von Guinea am niedrigsten seit 2015. Seit 2021 erfolgen die Vorbereitungen für den „Roll out“ von CMP im nordwestlichen Indischen Ozean im Kontext der neuen EU-Strategie für den Indo-Pazifik. Die Implementierung erfolgte 2022. Für 2023 hat die EU bereits verstärkte gemeinsame Übungsvorhaben mit den Anrainerstaaten im Indo-Pazifik vereinbart. Diese Maritime Area of Interest „covers the maritime area from the Strait of Hormuz to the Southern Tropic and from the north of the Red Sea towards the centre of the Indian Ocean“.
Die Besatzung der Fregatte BAyern lief auf ihrer Reise in den Indo-Pazifik auch Japan an
Leinen los! 1-2/2023 9
Foto: Bundeswehr