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Geschichte
nur 11 Schiffe mit 15 050 tdw in Fahrt. 1956 übernahm die DSR weitere 7 Kümos (500 BRT) und 1957 noch einmal 2. Diese wurden u.a. in Wolgast, Boizenburg und Laubegast gebaut. Das im März 1957 in Dienst gestellte Schiff tHälmANN-piONier (3340 BRT/4500 tdw) und zugleich letzte mit Dampfmaschinenantrieb, wurde u.a. aus Geldern landesweiter Altstoff-Samm- lungen (Schrott, Papier, Gläser/Flaschen) der Pionier-Organisation „Ernst Thäl- mann“ finanziert. An dieser Sammelaktion beteiligte sich auch der Autor als Schüler in Brandenburg/Havel. 1957 folgten die Stückgutfrachter der Serie Typ IV frie- deN und freuNdscHAft (beide 9427 BRT/ 13 000 tdw). Bis Ende 1957 übernahm die DSR insgesamt 22 Frachter-Neu- bauten. Damit begann die Aufnahme der überseeischen Schifffahrt. 1958 stießen die Tanker leuNA I und leuNA II (beide 7874 BRT/11660 tdw) zum Schiffs- park der DSR. Die Tankmotorschiffe wur- den auf der Admiralswerft in Leningrad gebaut. Bis 1961 stellte die DSR weitere 10 Hochseefrachter des Typs IV in Dienst. Sie trugen alle Städtenamen. Neben den Neubauten erwarb die DSR 1958/59 7 Gebrauchtschiffe mit 46 900 tdw. Der Ankauf von Alttonnage resultierte aus der starken Inanspruchnahme der Werften in Wismar, Warnow-Werft Warnemünde und Neptun-Werft Rostock für die Exportver- pflichtungen gegenüber der Sowjetunion. 1961 bereederte die DSR 61 Schiffe mit 334 877 tdw.
Reparatur/Umbau 1950
Schiffbauer, die die JOHANN AHreNs für eine geplante Reparatur untersuchten, meinten scherzhaft: „Nur der Boden
Feierlicher Taufakt, FDJ-Orchester an Oberdeck
von innen sieht noch gut aus“. Abgeta- kelt und von Buntmetalldieben beklaut, verlegte der Oldtimer am 2. Mai 1950 von Wismar zur Staatswerft Stralsund. Die Arbeiten verliefen unter großen Schwierigkeiten. Es fehlte an Fachkräf- ten, technischen Einrichtungen und an Material sowieso. Innerhalb von fünfein- halb Monaten wurde der Pott „sozialisti- schen Verhältnissen“ angepasst. Aus den Mannschaftlogis entstanden Zwei-Mann- Kammern. Anstelle eines Reservebun- kers erhielt das Schiff mehrere Kammern. Aus dem Kapitänssalon wurde die Messe für die Besatzung. Darin stand ein Radio. Das Schiff erhielt ein Echolot, eine Funk- station und zwei Bäder. Jedoch unter- blieben die Arbeiten an der Schwanz- und Kurbelwelle.
Im Sommer 1950 veröffentlichte die „Tägliche Rundschau“ Stelleninserate für die künftige Besatzung: „Personal gesucht: Matrosen, Heizer, Maschinisten, Decksleute und einen seefesten Koch“. Der erfahrene Seemann Willy Beyrich (Jg. 1891) wurde Kapitän auf der vOrwärts.
Minister Handke spricht bei der Indienststellung
Ehrenformation der Seepolizei angetreten
Zu seiner Crew gehörten u.a. der erste Steuermann Bogusch, der zweite Steuer- mann Welsch, der Leitende Ingenieur Karl Kröger, die Wachingenieure Hans Georg Blumberg und Schnorr, Funker Schoß und Kochsmaat Willi Bojanski. Viele der 28-köpfigen Besatzung hatten keine see- männischen Kenntnisse. Das Maschinen- personal klapperte in Stralsund Eisenwa- renläden ab, um Werkzeuge und Material zu beschaffen. Proviant und Lebensmit- tel, nur mit Bezugsscheinen in Geschäften erhältlich, wurden per Handwagen trans- portiert. Zur Lagerung von Fleisch und Wurst existierte an Bord ein 60-l-Kühl- schrank. Ein Windsack am Genickstag diente der Fleischaufbewahrung.
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