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Mensch.Schifffahrt.Meer.
Plankton und Piratenlieder
Zu Gast auf dem Jugendforschungsschiff Cormoran
Andreas von Klewitz
Es ist ein sonniger Sommermorgen, als ich den Steg des Jugendfor- schungsschiffs cormorAn an der Tege-
ler Greenwichpromenade betrete. Ich komme als „Hospitant“, entsprechend freundlich begrüßt mich der Projektlei- ter und erste Vorsitzende des Vereins Das Schiff e.V. Andreas Schulz. Viel Zeit für Erklärungen hat er nicht, um 9 Uhr erwartet er eine Schulklasse mit 25 Kin- dern. Kurz umreißt er Sinn und Zweck des Besuchs. Es gehe darum, erklärt er, den Schülern das Thema Gewässe- rökologie und Umweltschutz zu vermit- teln und dies anhand von Wasserpro- ben, Messungen, Analysen am Mikros- kop und Beobachtungen von Fauna und Flora zu veranschaulichen. Schulz bringt dafür gute Voraussetzungen mit. Betrei- ber einer Firma für regenerative Energien und eines Wasserlabors, hat er 2021 die Leitung des Projekts Jugendforschungs- schiff übernommen und weiß, wie wichtig es ist, gerade bei Kindern und Jugendli- chen ein Bewusstsein für Umweltschutz zu entwickeln.
Die cormoran im Tegeler Hafen
Dass Seemannschaft dabei nicht zu kurz kommt, zeigt sich gleich nach Eintreffen der Klasse. Wer die cormorAn entern will, muss zunächst einmal eine Reihe von Seemannsknoten knüpfen, und das in Rekordgeschwindigkeit. Die Schüler, eine Begabtenklasse aus dem Ostteil der Stadt, meistern die Aufgabe im Nu. Auch das Messen der Windgeschwin- digkeit, ebenfalls im Wettbewerb aus- getragen, bereitet ihnen keine Probleme, sodass sie sich schon nach einer Viertel- stunde an Bord des ehemaligen DDR- Schubschleppers befinden. Hier beginnt dann der eigentliche Unterricht. Um die- sen möglichst effizient zu gestalten, steht Schulz an diesem Tag ein junger Italie- ner namens Samuele zur Seite. Wäh- rend ein Teil der Klasse mit Ferngläsern und Bestimmungsbüchern Wasservö- gel beobachtet, sammeln andere unter Samueles geduldiger Anleitung Plank- ton für das Labor.
Die dritte Gruppe geht mit uns an Bord der „Rudergaleere“ und schippert zur Insel Hasselwerder hinaus. Dort ange-
Die „Rudergaleere“ längsseits der
cormoran
kommen, wird Anker geworfen, dann stehen Tiefenmessungen auf dem Pro- gramm. Unterdessen erklärt Schulz, woran man die Wasserqualität erkennt, welche Rolle der Sauerstoffgehalt spielt und welche Faktoren zu Überwärmung und Umkippen von Gewässern führen. Ebenso wird das Problem Müll und Mik- roplastik angesprochen und welche Folgen die von Menschen verursachte Umweltverschmutzung für die Trink- wasserversorgung hat. Damit es nicht zu trocken wird, lässt der Projektleiter die Schüler zwischendurch Rechenauf- gaben lösen und – zur großen Freude der Kinder – Piratenlieder singen. Damit fällt auch das Rudern leichter, denn es gehört schon einige Übung dazu, vier Riemen gleichzeitig zu bedienen und das Boot zügig zum Steg zurückzusteuern. Während wir noch auf dem Tegeler See umherdümpeln, sind die anderen Grup- pen nicht untätig. Sie beschäftigen sich mit ornithologischen Beobachtungen, sammeln Plankton und analysieren mit Samueles Hilfe den pH-Wert des Was- sers. Apropos Analyse: Ein wahres High- light ist die Untersuchung der Funde im schiffseigenen Labor. Hier stehen den Schülern mehrere hochwertige Mikro-
14 Leinen los! 10/2022
Fotos: Andreas von Klewitz


































































































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