Page 12 - Chronik der SPD Kaufungen
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Dort fand auf dem Kirchplatz eine Abschluss-
        kundgebung  mit  Carl  Kraft  aus  Nieste  statt,
        für die SPD von 1924 - 1933 Abgeordneter im

        Preußischen  Landtag.  Der Menschenandrang
        muss ein beeindruckendes Bild der Demonst-
        ration für Freiheit Recht und Gerechtigkeit und
        gegen die diktatorischen Ziele der Nationalso-
        zialisten gewesen sein.


                                                                 Niederkaufungen



        Viele hundert Menschen trafen sich auf dem Kirchplatz und in seinen Nebenstraßen, den Brü-
        cken über die Losse und den Mühlgraben (zw. 1970 und 1980 eingezogen für Kanal- und We-
        gebau), und saßen sogar auf der heute nicht mehr vorhandenen Mauer rund um den Gemüse-
        garten des ehemaligen Gutes Althans (heute Kommune Kirchweg).


        Doch auch sie konnten die Mehrheit für die Nationalsozialisten bei der Reichstagswahl am 5.
        März 1933 und die Machtübernahme in Deutschland und damit auch in Ober- und Niederkau-
        fungen nicht verhindern.Die Nationalsozialisten in Niederkaufungen hatten schon kurz nach
        der Machtergreifung eine Liste politisch aktiver Niederkaufunger  aufgestellt  die  unter  einem
        Vorwand  aus ihrer Wohnung in die Gastwirtschaft Allmeroth zu einem Gespräch und von dort
        in das Amtsgericht noch Oberkaufungen gelockt wurden. Es gab dort  auch Gefängniszellen,
        später Um- und Ausbau zur Jugendarrestanstalt heute Frauengefängnis des Landes Hessen.





        Am 01.04.1933 kam als Kurier der Kasseler SA-Leitung der Sturmführer M. abends zu dem Orts-
        gruppenleiter (und zugleich örtlichen SA-Führer} von Niederkaufungen und überbrachte ihm
        eine - offenbar in Niederkaufungen zusammengestellte - Liste mit Namen. Die in dieser Liste
        aufgeführten Einwohner von Niederkaufungen habe er am folgenden Morgen durch SA-Leute
        zum  Amtsgericht  Oberkaufungen  bringen  zu lassen, wo sie vernommen werden sollten. St.
        kam diesem Befehl  nach.  Er  ließ  die ihm Bezeichneten, ungefähr 15 an der Zahl, darunter

        Vater und zwei Söhne C. H. und F.W., Ch., K., Sch., S., H.M. , 8 L., und G. in der Frühe des 8.4. aus
        ihren Wohnungen teilweise noch aus dem Schlaf holen und in die Wirtschaft von B. bringen.
        Da schon Gerüchte über die am 2. und 3. in Oberkaufungen vorgefallenen Ausschreitungen in
        der Bevölkerung umgingen, befürchteten die  Zusammengeholten  vor  diesen Tag ähnliches.
        Auf eine dahingehende Frage des J.C. beruhigte St. die Leute.  Eigens damit ihnen nichts ge-
        schähe , gäbe er ihnen eine Bedeckung von SA-Leuten mit. Dann mussten die zu Vernehmen-
        den - etwa gegen 9 Uhr - den Marsch nach Oberkaufungen antreten. Im Amtsgericht wurden
        sie von Justizwachtmeister D. in Empfang genommen und wiederum auf die Zellen des Amts-
        gerichtsgefängnisses verteilt und dort eingeschlossen. Die Mannschaften der SA-Eskorte blie-
        ben im Amtsgericht zurück, teils auf dem Hof, teils in den Gängen des Gebäudes.
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