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Behavioral Optometry BOAF
Volume1 Number1 2012
mir immer wieder dieselbe Frage durch den Kopf. „Sind wir wirklich alle gleich“?
Während in unserem Gehirn die inneren Abläu- fe im wesentlichen dieselben sind, so können doch unsere Gedanken und wie wir uns fühlen für zwei Menschen sehr verschieden und unterschiedlich sein. Diese Einzigartigkeit ist das, was unsere Indi- vidualität wirklich ausmacht. Jede Mensch fühlt beides, sowohl das Ergebnis, als auch den Eigen- tümer seiner oder ihrer Gedanken. Wir fühlen, dass keiner anderer verstehen könnte, was es ist oder wie es sein könnte. Mögen wir auch wissen, dass jeder dieselben Mechanismen hat, so teilen wir doch mit allen dieses Gefühl der Einzigartigkeit. Paradoxerweise ist es vielleicht eines der größten Dinge, die wir gemeinsam haben, die Tatsache, dass wir alle verschieden sind. Es ist für uns selbstverständlich, dass sich Persönlichkeit, Intel- lekt, und Identifikation enorm von einer Person zur anderen deutlich unterscheiden.
Sehr verschieden von allen anderem, von dem wir wissen und verstehen, ist das Bewusstsein; von der Basis aus betrachtet, eine besonders schwierige Vorstellung. Das Wort Bewusstsein wird auf viele verschiedene Weisen verwendet. Wir sind uns, unserer Identität und unserer Umgebungen bewusst, wir unternehmen bewusste Anstrengung um in unserem Lernen gut zu sein, wir werden uns politisch bewusst und wir sprechen davon, viele Sachen unbewusst zu machen. Aber Bewusstsein wird am besten als eine Fakultät oder Einrichtung beschrieben, die es uns ermöglicht, unserer eige- nen Gedankenprozesse wahrzunehmen. Es scheint eine große Kluft zwischen der Welt „dort draußen“ und unserer Welten „dort drinnen“ zu geben und kein physikalisches Maß kann die inneren Gefühle einer persönlichen Erfahrung beschreiben. Be- wusstsein kann sich eher wie ein Theater anfühlen, in dem jeder seine private Aufführung ansehen kann.
Wenn ich meine Patienten frage, wer sie zu mir empfohlen hat, sagen sie sehr häufig, dass sie aus freien Willen kommen. Ich denke dann für mich,
„Willensfreiheit“, aha, nett, ich kenne das Wort, aber was bedeutet es? Wir alle fühlen, dass wir bewusste Entscheidungen treffen, um auf be- stimmte Weisen danach zu handeln. In Wirklichkeit jedoch ist keine keine Erfahrung, einschließlich der Willensfreiheit, im wesentlichen irgendetwas mehr als eine Gehirntätigkeit. Sicher, wir denken an eine Handlung bevor wir sie ausführen und neigen dann dazu anzunehmen, dass es der bewusste Gedanke war, der die Handlung verursachte. Tatsächlich kann aber beides, die Absicht zu handeln, als auch die Handlung selbst ein Resultat einer früheren Gehirnaktivität sein.
So wer sind ich?
Menschen haben einen starken Selbsterken- nungssinn. Wenn wir in den Spiegel schauen, se- hen wir eine einzigartige, bewusste Personen, je- der von uns mit seiner eigenen Meinungen, seinem Glauben, und seinen Erfahrungen. Wir fühlen uns, als ob es ein inneres „Selbst“ gibt, das uns be- herrscht und unseren Köper kontrolliert. Und doch es gibt keine Erklärung dafür, wie dieses „Selbst“ seine Information vom Gehirn erhält, noch wie es die Kontrolle darüber erhält. Wir werden nicht mit diesem Selbstbewusstsein geboren. Babys zeigen einen gewissen Grad an Selbstinteresse, indem sie schreien, wenn es ihnen kalt ist oder sie hungrig sind, aber sie erkennen nicht, dass andere Men- schen andere Standpunkte, Glauben, oder Wün- sche haben. Tatsächlich fangen Babys erst in ih- rem zweiten Lebensjahr an ein Selbstbewusstsein zu entwickeln. Einer der ersten Schritte dazu ist die Fähigkeit zu erlangen, einer anderen Person mit Blicken zu folgen.
Bis ungefähr zum Alter von einem Jahr, wird das Baby auf den Finger des Erwachsenen schau- en und nicht in die Richtung auf die er deutet. Zwi- schen 18 Monaten und 2 Jahren fangen die Kinder dann an, „Ich“ und „Du“ zu unterscheiden und im Alter von 3 Jahren können sie über ihre eigenen Vorlieben und diejenigen von anderen sprechen. Dennoch kann ein 3-jähriger seinen Kopf unter Kissen legen und rufen „Ich habe mich versteckt“
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