Page 41 - Serviert das Magazin Heft 3
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Thomas Günter
SECRETUM LIBELLUS
Zeit
eine science-fiction- kurzgeschichte
Eine solche Anpassung war ihnen auf ihren weiten Reisen durch die unterschiedlichen Universen, auf den Erkundungsflügen durch Singularitäten, bei der Erforschung neuer Realitäten noch nie vorgekommen. Es versank in der Schönheit, die sich auf dem fünften Planeten unter ihm ausbreitete. Es vergaß die Zeit und den Raum, die Es umgaben.
Alle Fühler waren in die Flüsse der Quanten auf diesem Ort gerichtet. Es betastete die Kraft, die davon ausging. Es erfühlte die Energie, die es erzeugte. Es tauchte in das Leben selber ein.
Dann bemerkte Es, einen winzigen Moment zu spät, die Veränderung der Frequenz des umgebenden Raumes. Der Energieanstieg schoß überproportional in die Höhe.
Der Planet glühte mit einem Mal wie eine explodierende Sonne auf. Die Struktur dehnte sich aus. Die Kruste blähte sich auf. Der Kern konnte die Kräfte, die einwirkten, nicht mehr kompensieren und dann zerplatzte diese Kugel voller Leben. Sie wurde auseinandergerissen, zerstört und zermahlen.
Da empfand die Entität bestürzt die Anwesenheit der Maxchaputen. Doch ehe Es in wahnsinnigem Zorn reagieren konnte, wurde seine schützende Hülle aus Raum und Zeit von der Explosion fortgewirbelt. Drohte durch die freigesetzte Energie zu zerreißen und für alle Ewigkeit mit
dem Universum eins zu werden.
Die Entität projizierte ihren gesamten Willen auf ihre schützende Struktur. Die reflektierende Kugel trudelte durch den Raum in Richtung der vier Gasriesen davon. Die Anziehungskraft des größten und wildesten Planeten fing Es ein. Zog Monde heran und positionierte sie auf verschiedenen Umlaufebenen so wie Elektronen um einen Atomkern.
Es umkreiste diesen Himmelskörper von nun an. Die Entität jagte ihren Hass, den Unmut, ihre Wut und die Verzweiflung in den leeren Raum hinaus. Doch Es meinte, als Antwort, nur ein hämisches Lachen der Maxchaputen zu empfangen.
Es erkannte, wie sich die geschundenen Trümmer des fünften Planeten als Gürtel aus Asteroiden und schützender Kreis um die verbliebenen vier Steinklumpen herum zogen.
Die Entität entdeckte, wie sich aus den Resten von Einschlägen um die dritte Welt ein Mond bildete. Ein Mond, im Verhältnis viel größer als die übrigen Begleiter der Planeten im System. Doch Es verstand, dass dieser Trabant mit der Erde ein perfektes Gleichgewicht einging.
Es erblickte wie weitere Bruchstücke zu den Gasriesen vordrangen und dort die Zahl der Monde endlich vervollständigte.
Es verharrte in Trauer und Verzweiflung an seiner Position. Das System beruhigte sich langsam und die Wunden, die der Angriff der Maxchaputen gerissen hatte, vernarbten. Für Äonen blieb die Entität an derselben Stelle. Ihre Hoffnung war zerstört.
Dann bemerkte Es, dass das feindliche Schiff nicht mehr in der Reichweite der Quantenströme dieses Universums zu finden war. Es tastete nach anderen. Glitt durch Singularitäten hindurch, durchforstete und suchte Verschiebungen der Gravitation. Fand verstreute Entitäten oder ihre verbleichenden Reste in der Unendlichkeit der Zeit. Aber von den Maxchaputen entdeckte er keine Spur in unmittelbarer Nähe. Nirgendwo dort, bis wohin seine Fühler reichten.
Dennoch war das Unterfangen gescheitert. Die Kugel aus Raum und Zeit, auf dessen Oberfläche sich das Strahlen der Sonne und das Leuchten
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