Page 43 - Serviert das Magazin Heft 3
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   Thomas Günter
SECRETUM LIBELLUS
Zeit
eine science-fiction- kurzgeschichte
 Hafen. Dann breiteten sich die Wesenheiten immer weiter aus.
Es war alt geworden. Die Kräfte ließen langsam nach. Noch konnte Es seine Fühler in die angrenzenden Galaxien ausstrecken, den Quantenfluss der Zeit erspüren, doch ihn zu regulieren, wie er es in den vergangenen Epochen unternommen hatte, dazu reichten mit einem Mal die Fähigkeiten nicht mehr.
Die Entität spürte ein Schiff der Maxchaputen, nur wenige milliarden Lichteinheiten von seinen Kindern entfernt. Die Bedrohung hatte sich ebenfalls weiterentwickelt. Mit jedem Universum, das sie verschlangen, war ihre Macht größer geworden. Auch wenn die Zahl der Singularitäten aus denen immer wieder neue kosmische Sphären entstanden, rasant zunahm, und die Maxchaputen noch lange nicht alles unter ihre Kontrolle gebracht hatten, nie würden bringen können, waren sie furchteinflößender denn je.
Es spürte, wie eine Welt nach der anderen von den Feinden verschlungen wurde. Obwohl sich seine Zöglinge so schnell ausbreiteten, vernichteten die Maxchaputen sie, wo immer sie sie fanden. Die Entität stellte mit blankem Entsetzen fest, dass Es die Wesen nicht mehr beschützen konnte. Weitere Fäden in den Quanten der Zeit gingen verloren. Mit jedem zerstörten Planeten büßte Es ein Stück seiner Energie ein.
Es war fast blind für das, was passierte. Die Entität erfühlte noch die Erschütterungen, Unterbrechungen der Gravitation an weit entfernten Orten, doch konnte Es sie nicht mehr lesen, nicht mehr verstehen.
Seine Nachkommenschaft, diese unglaublichen, anpassungsfähigen Wesen, so klein und hilflos sie als einzelne auch waren, so mächtig war
der Überlebenswille, und dennoch verging die Hoffnung für alle anderen.
Die Entität spürte den alten, gefürchteten Feind in der Nähe. Es konnte und wollte sich nicht mehr wehren. Die Maxchaputen näherten sich Galaxie für Galaxie. Jedes Zeitalter führte sie weiter heran. Keine einzelnen Schiffe, ganze Flotten brachen in die Milchstraße ein. Ihr Ziel bestand im Heimatplaneten der Wesen, die die Entität gehegt und gepflegt hatte.
Es zog sich zurück, wollte nicht erleben, wie sein Werk, die Hoffnung auf Rettung, aus diesem Universum getilgt wurde. Die Entität harrte im Orbit des Gasriesen aus, direkt über dem roten Sturmauge, auf das Ende. Es wartete und wartete. Nichts geschah. Behutsam streckte Es die Fühler wieder in die Tiefen der Quanten aus. Die Maxchaputen waren verschwunden. Keine Erschütterung zeugte mehr von ihrer Existenz.
Hatten sich seine Kinder so angepasst, dass sie ihnen doch widerstanden? In der Entität glomm ein Funken Hoffnung. Es verließ die Position, die Es für viele Zeitalter beibehalten hatte. Durchdrang die Wolke aus Staub und Stein. Mobilisierte die verbliebenen Kräfte und kehrte in die Ekliptik über der Galaxie zurück.
Behutsam verließ Es die schillernde Kugel aus Raum und Zeit, um den Anblick der funkelnden Sonnen zu genießen. Ein letztes Mal wanderten seine Gedanken durch dieses Universum und durch jedes andere, das Es fand.
Dann entdeckte die Entität den fatalen Fehler in ihrem Plan. Die Menschen hatten die Maxchaputen ersetzt, nur schlimmer und furchterregender.
So verging Es und alle die so waren wie Es, fortgewischt von ihren Träumen in der Zeit.
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