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Erdbeeren und Clowns



                                                    Im Osten von Gran Canaria, ohne Zugang zum Meer, aber bis in die Insel-
                                                    mitte reichend, liegt die Gemeinde Valsequillo. Es regnet nicht viel in die-
                                                    ser Gegend, doch die Erde ist dank der Bewässerung, die von den Bergen
                                                    kommt, sehr fruchtbar. Mandeln, Obst, Gemüse und Getreide gedeihen bes-
                                                    tens, doch bekannt ist der Ort durch seine Erdbeeren geworden. „Fresas de
                                                    Valsequillo“ sind das Markenzeichen überall auf der Insel. Das Mikroklima
                                                    erlaubt die ganzjährige Produktion der süßen Früchte, die anderswo nur im
                                                    Frühjahr wachsen. In jedem Mai gibt es zu Ehren des Aushängeschilds der
                                                    Gemeinde eine eigene Fiesta, die Fiesta de la Fresa, bei der die erstaunli-
                                                    chen gastronomischen Möglichkeiten der kleinen roten Beeren vorgeführt
                                                    werden.

                                                    Valsequillo ist aber nicht nur eine landwirtschaftliche Gemeinde, die Kultur
                                                    hat ebenfalls einen hohen Stellenwert. Vor allem das Clownfestival hat dem
                                                    Ort einen Platz im internationalen Kulturkalender gesichert. Seit 13 Jahren
                                                    organisiert Luís Monzón die Veranstaltung in seiner Heimatstadt, wo sich
                                                    jedes Jahr zum Ausklang des Sommers Dutzende Clowns aus aller Herren
                                                    Ländern ein Stelldichein geben. Das Festival gehört inzwischen zu den welt-
                                                    weit wichtigsten seiner Art.

                                                    Spektakulär ist auch das Fest des Schutzpatrons, St. Michael. Es findet
                                                    Ende September statt und erreicht seinen Höhepunkt mit der „Suelta del
                                                    Perro Maldito“, (Loslassen des Höllenhundes). Bei dieser nicht ganz un-
                                                    gefährlichen Tradition, die 1986 nach vielen Jahren wieder aufgenommen
                                                    wurde, wird der Höllenhund mit großem Getöse und viel Feuerwerk durch
                                                    das Dorf gejagt. Nach einem Feuerunfall wurde das Spektakel sogar für ei-
                                                    nige Jahre ausgesetzt, bis man es mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen
                                                    wieder ins Programm aufnahm.
 Valsequillo
                                                    Geschichte


                                                    In der vorspanischen Ära gehörte das Gebiet zum Königreich Telde und
                                                    beherbergte Kultstätten in den höheren Lagen, wie das Almogarén von El
                                                    Helechal. An der Stelle dieses historischen Tempels wurde in den 1970er
                                                    Jahren eine inzwischen verlassene Aussichtsterrasse gebaut, damals war
                                                    das Bewusstsein für die Kultur der Ureinwohner noch nicht so ausgeprägt.
                                                    Diese hatten sich unter ihrem Feldherrn Tecén tapfer, aber erfolglos gegen
                                                    die Spanier gewehrt. In einer Schlucht, die später den Namen Barranco de
                                                    Tecén erhielt, wurde eine blutige Schlacht geschlagen, der Ort heißt heute
                                                    Sepultura, das Grab.

                                                    Wenig später, im Jahr 1530, errichtete das spanische Heer im Barranco
                                                    de San Miguel eine Kavalleriekaserne, die bis Mitte des 20. Jahrhunderts
                                                    genutzt wurde. Der Gebäudekomplex „Cuartel de Colmenar“ gehört zu den
                                                    ältesten auf der Insel, die erhalten sind, und steht unter Denkmalschutz.
                                                    Die erste Kapelle des Ortes war wie die heutige Kirche dem Erzengel Mi-
                                                    chael geweiht und wurde 1672 erbaut. Damals gehörte Valsequillo zur Ge-
                                                    meinde Telde, erst 1800 wurde der Ort zur eigenen Pfarrei. Zwei Jahre
                                                    später, 1802, wurde die Gemeinde auch politisch von Telde unabhängig.
                                                    Wie viele Gemeinden in den mittleren Lagen von Gran Canaria war die Ent-
                                                    wicklung von der Landwirtschaft geprägt, es gab wenig Wachstum, weder
                                                    in der Wirtschaft noch bei der Bevölkerungsdichte. Als Mitte des 20 Jahr-
                                                    hunderts der Tourismus zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor wurde, verließen
                                                    viele Menschen die ländliche Gemeinde in Richtung Süden. Heute nascht
                                                    auch Valsequillo am großen Tourismus-Kuchen mit, dank Fiestas und Fes-
                                                    tivals, Sport und Wandern sowie exklusiven hochwertigen Produkten wie
                                                    Erdbeeren, Käse und Mandeln kann die kleine Gemeinde optimistisch in
                                                    die Zukunft blicken.









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