Page 105 - Was will Gott_Neat
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willkürlichen Gedanken sagen: Wozu sollte ich beten?
            Wer weiß, ob Gott mein Gebet beachtet oder es hören
            will? Wenn ich nicht bete, betet eben ein anderer; so
            kommen sie in die Gewohnheit, gar nicht mehr zu be-
            ten und führen als Entschuldigung an, dass geheuchel-
            te Gebote ja verkehrt seien, wie wir gelernt haben, und
            man brauche darum besser gar nicht zu beten.
                Es stimmt schon: Das, was man bisher an Gebeten
            gesprochen, geschrien und in den Kirchen aufgeführt
            hat, waren auch keine Gebete. Denn solche Äußerlich-
            keiten mögen vielleicht als Übung für die Kinder, die
            Schüler oder die einfachen Leute dienen, mögen sie ge-
            sungen oder gelesen sein, aber richtig gebetet kann man
            das nicht nennen. Beten – so lehrt uns das zweite Ge-
            bot, heißt, Gott in allen Nöten anzurufen. Das will er
            von uns haben und wir dürfen nicht willkürlich damit
            umgehen, sondern wir sollen und müssen beten, wenn
            wir Christen sein wollen, ebenso, wie wir Vater, Mut-
            ter und Obrigkeiten gegenüber gehorsam sein müssen.
            Denn durch das Anrufen und Bitten wird der Name
            Gottes geehrt und nützlich verwendet. Du sollst dir un-
            bedingt merken, dass alle Gedanken, die uns davon ab-
            halten, verworfen werden müssen. Es ist nicht richtig,
            wenn ein Sohn zu seinem Vater sagt: Was liegt schon
            daran, ob ich gehorsam bin? Ich tue und lasse, was ich
            will und kann, ich habe das Recht dazu! Da steht aber
            das Gebot: Du sollst und musst es tun. So steht es nicht
            in meinem Willen, zu tun und zu lassen, was ich will,
            sondern es soll und muss gebetet werden.
                Daraus sollst du nun schließen: Weil es so streng
            geboten ist, zu beten, soll niemand seine Gebete als ge-
            ring einschätzen, sondern sie als groß einschätzen und
            viel von ihnen halten. Und nimm immer das Gleichnis
            von den andern Geboten. Ein Kind soll beileibe nicht


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