Page 108 - Was will Gott_Neat
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denn er versagt ihm die Ehre und stellt ihn als Lügner
           hin.
               Darüber hinaus soll uns auch das zum Beten brin-
           gen und ermuntern, dass Gott neben dem Gebot zu
           beten und der Verheißung, Gebete zu erhören, uns so-
           gar die Worte und die Art und Weise vorgibt, wie und
           was wir beten sollen, damit wir sehen, wie herzlich er
           sich unserer Not annimmt und wir sollen ja nicht daran
           zweifeln, dass ihm solch ein Gebet gefällt und er es ge-
           wiss erhören wird; es ist ein großer Vorteil gegenüber
           allen andern Gebeten, die wir uns selber ausdenken.
           Denn da kann unser Gewissen immer im Zweifel sein
           und sagen: Ich habe gebetet, aber wer weiß, ob es Gott
           gefällt und ob ich auf die richtige Art und Weise gebe-
           tet habe. Darum gibt es auf Erden kein edleres Gebet
           als das tägliche Vater Unser, weil von ihm bezeugt ist,
           dass Gott es von Herzen gern hört; alle Güter der Welt
           sollten wir dafür nicht eintauschen.
               Auch darum ist es uns so vorgeschrieben, dass wir
           die Not sehen und bedenken, die uns ohne Unterlass
           zum Beten bewegen und drängen soll. Denn wer um
           etwas bitten will, muss das, was er begehrt, vorbringen,
           vortragen und benennen; ansonsten kann man es nicht
           Gebet nennen. Darum haben wir mit Recht die Gebete
           der Mönche und Priester verworfen, die Tag und Nacht
           heulen und murren, keiner aber daran denkt, zu bitten
           und auch wenn man alle Kirchen mitsamt den Geistli-
           chen zusammenbrächte, so müssten sie bekennen, dass
           sie nie von Herzen auch nur um einen Tropfen Wein
           gebetet haben. Denn keiner von ihnen hat sich vorge-
           nommen, aus Gehorsam Gott gegenüber oder um sei-
           ner Verheißung willen zu beten, auch nicht deswegen,
           um die Not abzuwenden, sondern sie waren im besten
           Fall nur darauf bedacht, mit ihrem Beten ein gutes Werk


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