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onsführer-Wahlen vollzogen, gleichzeitig aber  in widerlichen Szenen und Vorgängen aus, sodass
          auch der gesamte, allerdings nicht sehr hohe  er des Lokals verwiesen werden musste. Auch
          Kassenbestand zu Gratifikationen an den ab-         wurde viel geklagt über den Missbrauch der
          tretenden Vorstand verwendet. Weitere acht Ta-      Krankenkasse, indem besonders während der
          ge später musste man dann eine Sammlung ver-        Theater-  und Spielferien auf einen Schlag epide-
          anstalten, um die Beschickung des Delegierten-      mieartig die Leute erkrankten, zum Teil an richtig
          tages überhaupt zu ermöglichen                      konstruierten Krankheiten, zum Nachteil der ehr-
          Mecklenburgische Anwandlungen bekam die  lichen, gelegentlichen Kassenbenützer. Solche
          Sektion bei der Diskussion über die Stellung  Kassenreiter gingen aber oft abends trotzdem ih-
          und Rechte der    Passiven, resp. Gönner. Ende      rer Arbeit nach. Zur Remedur wurden häufige
          Dezember 1913 wurde die Frage gestellt: Haben       Krankenbesuche und Strafanzeigen im Übertre-
          die Passiven das Stimmrecht? Die Antwort war        tungsfalle anempfohlen.
          ein kategorisches  „Nein!“ Zweite Frage: Haben  Trotz verweigerter stadthalteramtlicher Erlaubnis
          die Passiven Zutritt zum geschäftlichen Teil der    wurde am 3. März 1914 das traditionelle, sehr ge-
          Sitzungen? Antwort:  „Nein!“ Dritte Frage: Ha-      lungene Kostümfest abgehalten, von dessen Er-
          ben die bisher fleißigen, verdienten Passiven  gebnis Fr. 1000.--  auf die Bank gelegt wurden,
          Vorrechte in dieser Hinsicht? Antwort:  „Ja!“  während der Rest,  Fr. 140.-- in der Sektionskasse
          Wenige Tage nachher wurde durch neuen Be-           verblieben.
          schluss die Angelegenheit wie folgt formuliert:     10 Tage darauf neue Feststellung, dass die  Ge-
          Der Name  „Passiver“ ist unbedingt beizubehal-      sangssektion  wieder einmal gestorben ist. Immer
          ten, aber diese dürfen die Sitzungen erst ab 5      wieder wurden Klagen laut gegen die faulen und
          Uhr besuchen.                                       gleichgültigen Mitglieder, die die Sitzungen nie
          Zu bemerken, dass die Sitzungen Schlag 3 Uhr        besuchten und nie keine Arbeit übernehmen. Es
          begannen. Die verdienten, bisher fleißigen Pas-     seien immer die gleichen Dummen, oder allzu
          siven aber dürfen von Anbeginn an dabei sein        Braven, die die Arbeit für andere machen sollen,
          und erhalten den Ehrennahmen: Außerordentli-        während die Faulen ohne Opfer nur genießen wol-
          che Passive. (Klassensystem)                        len. Vor den einzig gegebenen, kategorischen Mit-
          Auch Jj. Scheuring waren die Schwierigkeiten  teln: Bußen, Entzug gewisser Privilegien oder
          mit renitenten und unverständigen Mitgliedern  Streichung schreckte man aber doch zurück.
          nicht erspart. Wiederum musste der Ausschluss       Die Fidelitas muss zeitweise recht energisch be-
          gegen solche, die in den Wirtshäusern herum,        trieben worden sein, denn es gab gelegentliche
          Sektionsangelegenheiten mit hämischen, entstel-     Meutereien wegen allzu starker Nepperei. Am 9.
          lenden Schwätzereien vor Uneingeweihte brach-       Oktober 1914 ließ man die erste Erwähnung unse-
          ten, ins Auge gefasst werden. Der im Anfang         res Chinesen-Kantus, der anderswo völlig unbe-
          August 1914 an die Grenze gezogene Kassierer  kannt zu sein scheint, und der ausländische Sektio-
          wurde strenge getadelt, weil er die Kasse vorher    nen besuchenden Zürcher Joldjungen bei gewissen
          nicht abgegeben hatte, so dass die Sektion völlig  Anlässen schon Preise eingebracht hat. Dann ga-
          mittellos dastand. Ja, in der Generalversamm-       ben die bekannten nicht immer sehr geistreichen
          lung vom 29. Dezember 1914 wurde sogar die          Neckereien gegenüber dem Materialverwalter, Jj.
          Amtsenthebung wegen gravierender Eigenmäch-         Brunner, Anlass zu dessen Demission, die dann
          tigkeiten, angeregt. Immerhin gelang es diesem      allerdings auf Bitten hin wieder zurückgezogen
          bei einem kurzen Urlaubsbesuch am 18. August,  wurde.
          sich vorläufig wenigstens Ruhe zu verschaffen,  Unerwartet für alle kam der Kriegsausbruch mit
          da er als Schweizer Soldat jederzeit erreichbar  seinen unberechenbaren Folgen für das gesamte
          war.    An    der   außerordentlichen    General-   soziale und wirtschaftliche Leben. In der Sitzung
          versammlung vom 12. Juni 1914 kam dass skan-        vom 3. August sehen wir folgende Joldjungen mit
          dalöse Gebahren des letzten Präses, der ohne        an die Rippen pochenden Männerherzen dem Rufe
          Mission am Delegiertentag in Frankfurt a. M.        des respektiven Vaterlandes gehorchen: Richard
          den offiziellen Delegierten und die Sektion zu      Berthold, Burkard, Clemenz, Gante, Hölzl, Kor-
          misskreditieren versucht, ja sich als Delegierten   ger, Marzius, Peterhans, Proneth, Salzberger und
          überhaupt vorgestellt hatte, in tumultuöser Dis-    Willkoff. Eine herzzerreißende Abschiedsfeier
          kussion zur Sprache. Der tiefe Groll Reiters        schlang eine neue Bande um die Bleibenden und
          über seine Wegwahl wirkte sich noch jahrelang       die einem ungewissen Schicksal Entgegenziehen-
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