Page 48 - Untergegangene VölkerDie Unvernunft der Gottlosigkeit
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46              DIE UNVERNUNFT DER GOTTLOSIGKEIT


               Dieses Grundprinzip bewirkt jedoch eher Schaden als Vorteile.
             Dem Unbehagen, das solch eine selbstsüchtige Haltung mit sich
             bringt, sind sie selbst am meisten ausgesetzt. Sie verbringen ihr
             ganzes Leben in einer Umgebung, in der sie nie wahre Liebe und
             Verehrung erleben. Sie sind sich immer bewusst, dass ihre
             Freundschaften auf gegenseitigem Nutzen beruhen. Zweifellos
             ahnen sie, dass ihre ’Freunde’ in schwierigen Zeiten ganz einfach
             verschwinden werden, und sie nähern sich Anderen ihrerseits mit
             der gleichen Geisteshaltung an, doch ihr ganzes Leben lang
             beschweren sie sich, dass sie keine wahren Freunde um sich haben.
               Die Leute, die ignorant sind, zeigen ihren Freunden gegenüber
             nur dann Opferbereitschaft, wenn sie sich davon einen Nutzen
             erwarten können. Eine Zeitlang geben sie vor, ein treuer Freund zu
             sein, doch sobald sie ihren Zweck von dieser Beziehung erreicht
             haben, nehmen sie eine kühle und entfremdete Haltung ein, was
             erkenntlich macht, dass sie dieser Bindung nicht weiter bedürfen.
               Das ist in der Tat eine sehr übliche Verhaltensweise. Es ist inter-
             essant, dass niemand die anderen dafür verurteilt oder sich gegen

             dieses System sträubt, weil alle Mitglieder der ignoranten
             Gesellschaft die gleiche Denkweise vertreten. Selbst Ehen und
             Beziehungen zwischen nahen Verwandten beruhen auf dieser
             Grundlage. Anstatt sich gegenseitig Vertrauen, Liebe und Achtung
             entgegenzubringen begegnen sie sich mit dem Vorhaben, den einen
             oder anderen Nutzen vom anderen zu erzielen. Frauen betrachten
             Heirat als eine Garantie für ihre Zukunft. Das Bankkonto des
             zukünftigen Gemahls fungiert in meisten Fällen als eine
             Lebensversicherung. Obwohl niemals offen ausgedrückt, wird die
             Ehe als eine Art Geschäftsvertrag angesehen. Wenn der Mann gut
             gestellt ist, dünkt sich die Frau, ein gutes Geschäft gemacht zu
             haben. Der Mann hat das gleiche Gefühl, und dünkt sich den Vorteil
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