Page 256 - Aufruf zur Islamischen Union
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Gebetsstätte und manchmal nahmen sogar die Muslimischen
Herrscher daran teil. Von der Barmherzigkeit und Toleranz der mus-
limischen Herrschaft gegenüber den Anhängern der Buchreligionen
aus dem Munde eines Christen zu erfahren, ist ein sehr schönes
Beispiel. Der dritte nestorianische Patriarch schrieb nach den
Eroberungen folgendermaßen an einen Freund:
Die Araber ... haben uns überhaupt nicht ünterdrückt.
Tatsächlich zeigten sie Achtung unserer Religion, unseren
Geistlichen, unseren Kirchen und Klöstern gegenüber... 35
Aufmerksamkeit erregen nicht nur Achtung und Freiheit, die
dem religiösen Glauben der Anhänger der Buchreligionen entge-
gengebracht wurden, sondern auch die Gerechtigkeit, die die
Islamische Führung walten ließ. Das Gerechtigkeitsverständnis der
Muslimischen Herrschaft war auch der Grund dafür, daß viele
Anhänger der Buchreligionen die Verhandlung ihrer Klagen vor ei-
nem Muslimischen Gericht vorzogen, obwohl sie selbst über
Gerichte verfügten, an denen ihre eigenen Gesetze galten. Die Zahl
der Christen, die sich an ein Islamisches Gericht wandten, war
manchmal so groß, das der nestorianische Patriarch Timasavus dies
mit der Veröffentlichung einer warnenden Mitteilung beendete.
Die Anhänger der Buchreligionen, die in den eroberten
Gebieten lebten, hatten nicht den Status von Kriegsgefangenen, son-
dern den eines Zimmi und damit einen rechtlichen Status. Zimmi
wurden die Nicht-Muslime genannt, die die Kopfsteuer zu entrich-
ten hatten und die Muslimische Herrschaft anerkannten. Damit
wurde ihre Sicherheit an Leben und Besitz garantiert, sie profitier-
ten von Glaubens- und Gewissensfreiheit, waren vom Militärdienst
befreit, bewahrten sich das Recht, Streitfälle untereinander entspre-
chend ihrer eigenen Rechtsprechung zu lösen und konnten, falls
notwendig, die bezahlte Kopfsteuer auch zurückerhalten. Ein gro-
ßer Teil der Historiker stimmt darin überein, daß die Herrschaft
über die Zimmis für die damalige Zeit in höchstem Maße tolerant
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