Page 249 - Für denkende Menschen
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Gehirn als elektrisches Signal übermittelt und als Geruch wahrgenommen. Alle
                Gerüche, die wir als schön oder übel bezeichnen, sind nichts anderes als die
                Wahrnehmung der Reaktionen der Moleküle im Gehirn nach ihrer
                Umwandlung in ein elektrisches Signal. Wir nehmen den Geruch eines
                Parfüms, einer Blume, eine Speise die wir mögen, den Geruch des Meeres,
                kurz gesagt alle Gerüche im Gehirn wahr. Doch die Geruchsmoleküle erre-
                ichen niemals das Gehirn. Wie beim Sehen und Hören sind es nur die elek-
                trischen Signale, die das Gehirn erreichen. Folglich sind die Gerüche, von
                denen wir seit unserer Geburt gelernt haben, dass diese zu bestimmten
                Objekten in der Umwelt gehören, nur die elektrischen Reize, die wir durch
                unsere Nase wahrnehmen.
                   Auf ganz ähnliche Weise gibt es vier unterschiedliche Arten von chemis-
                chen Rezeptoren im Vorderteil der Zunge des Menschen. Diese sind den vier
                Geschmäcken salzig, süß, sauer und bitter zugeordnet. Diese
                Geschmacksempfänger (Papillen) wandeln die Wahrnehmungen nach einer
                Reihe von chemischen Prozessen in elektrische Signale um und übermitteln sie
                dem Gehirn. Diese Signale werden vom Gehirn als Geschmack wahrgenom-
                men. Der Geschmack, den wir an einer Schokolade oder an einer Frucht find-
                en, ist nur die Deutung der elektrischen Signale durch das Gehirn. Wir können
                den Gegenstand in der äußeren Welt nie erreichen; wir können die Schokolade
                selbst nie sehen, riechen oder schmecken. Wenn die Geschmacksnerven, die
                zum Gehirn gelangen, durchschnitten würden, dann wäre es nie möglich, dass
                der Geschmack von irgendetwas, das wir essen, unser Gehirn erreicht. Folglich
                verlören wir vollständig unseren Geschmackssinn.
                   Wir können nie sicher sein, dass der Geschmack, den wir selbst an einer
                Nahrung empfinden und der Geschmack, den eine andere Person an der gle-
                ichen Nahrung empfindet; oder eine Stimme, die wir hören und die dieselbe
                Stimme, die eine andere Person hört, “dieselben” sind. Über diese Tatsache
                bemerkt Lincoln Barnett:
                   Niemand kann wissen, ob man selbst die rote Farbe oder die Note “C” wie eine
                   andere Person wahrnimmt oder nicht. 24

                   Wenn wir unseren Tastsinn untersuchen, sehen wir, dass es dabei genauso
                ist. Wenn wir einen Gegenstand berühren, werden alle Informationen, die uns
                helfen, die Umwelt und die Gegenstände zu erkennen, durch die Sinnesnerven
                in der Haut zum Gehirn übermittelt. Das Gefühl des Tastens entsteht in
                unserem Gehirn. Erwartungsgemäß ist der Ort, an dem wir den Tastsinn
                wahrnehmen nicht unsere Fingerspitzen oder unsere Haut, sondern das
                Zentrum des Tastsinns im Gehirn. Als Folge der Deutung der elektrischen
                Signale durch unser Gehirn empfinden wir unterschiedliche Gefühle wie Härte


                                                                              Die wahre Essenz der Materie 247
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