Page 251 - Für denkende Menschen
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oder Weichheit, Kälte oder Hitze, die die Gegenstände kennzeichnen. Wir
               erhalten alle Einzelheiten die nötig sind, um einen Gegenstand zu erkennen,
               durch diese Reize. Die Überlegungen der Philosophen Bertrand Russell und
               Ludwig. Wittgeinstein hierzu lauten wie folgt:

                   ...Ob eine Zitrone tatsächlich existiert oder nicht und durch welchen Prozess sie
                   entstanden ist, kann nicht gefragt und nachgeforscht werden. Die Zitrone beste-
                   ht nur aus einem Geschmack, der durch die Zunge ermittelt wird, einem
                   Geruch, der durch die Nase verspürt wird, einer Farbe und Form, die mit dem
                   Auge gesehen wird. Und nur diese Eigenschaften, können die Aufgabenstellung
                   einer wissenschaftlichen Forschung und dessen Beschluss bilden.  Die
                   Wissenschaft kann niemals wissen, wie die sachliche Welt ist. 25
                   Denn es ist für uns unmöglich, die materielle Welt zu erreichen. Alle
               Gegenstände um uns herum sind tatsächlich nur eine Summe von
               Wahrnehmungen wie das Sehen, Hören und Berühren. Unser Gehirn, das die
               Daten im Zentrum der Wahrnehmungen interpretiert, konfrontiert uns unser
               Leben lang nicht mit dem Original der Materie, sondern mit Abbildern
               und Kopien dieser Materie innerhalb unseres Gehirns. Doch wir irren uns,
               wenn wir glauben, dass es sich bei diesen Kopien um die tatsächliche Materie
               um uns herum handelt.


                   DIE ÄUSSERE WELT INNERHALB UNSERES GEHIRNS

                   Durch die physikalischen Tatsachen, die wir bis jetzt erklärt haben, gelan-
               gen wir zu einem unstreitigen Ergebnis: Alles, was wir sehen, berühren, hören
               und was wir als “Materie”, “Welt” oder “Universum” bezeichnen, sind einzig
               und allein die elektrischen Signale, die in unserem Gehirn entstehen.
                   Jemand der eine Frucht isst, ist eigentlich mit der Vorstellung dieser Frucht
               im Gehirn konfrontiert, nicht direkt mit der Frucht selbst. Der Gegenstand, der
               von ihm als Frucht bezeichnet wird, besteht nur aus der Wahrnehmung der
               elektrischen Signale im Gehirn, die die Form, den Geschmack, den Geruch und
               die Oberflächenbeschaffenheit der Frucht wiedergeben. Wenn man den
               Sehnerv, der das Gehirn erreicht, durchtrennen würde, würde das Bild der
               Frucht verschwinden. Schon die Störung eines Nervs, der von den Sensoren in
               der Nase zum Gehirn reicht, ließe den Geruchssinn verschwinden. Denn die
               Frucht ist nichts anderes als die Deutung der elektrischen Signale durch das
               Gehirn.
                   Ein anderer Punkt, den man durchdenken sollte, ist  das Entfernungs-
               gefühl. Zum Beispiel ist der Abstand zwischen uns und diesem Buch nur ein

               Gefühl der Leere, welches im Gehirn gebildet wird. Gegenstände, die einem


                                                                              Die wahre Essenz der Materie 249
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