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Störungen in beruflichen Kontexten bei
Psychosomatikpatienten
Konstantin Passameras
1. Einleitung
Die durchschnittliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers
beträgt etwa ein Drittel bis ein Viertel seines Lebens und
wird meist bei 80.000 Stunden angegeben. Zwischen Krankheit
und Arbeit gibt es zahlreiche Wechselwirkungen, welche über
die ursächlichen Zusammenhänge deutlich hinausgehen.
Berufsbezogene Erkrankungen verstehen sich nicht als
homogene Diagnosegruppe im Sinne der ICD-10 (Dilling et al,
1991) . Einerseits stellen Mobbing und Burn-out keine zu
klassifizierenden ICD-Diagnosen dar, andererseits können
berufliche Kontexte durch eine Diagnose wie
Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik maskiert
sein. Den vielfältigen berufsbezogenen Störungsbildern
liegt letztlich keine eigene Entität zugrunde. Trotzdem ist
eine sorgfältige Analyse des Arbeitskontextes notwendig, um
das jeweilige Störungsbild effizient zu behandeln. Häufig
wird das Arbeitsumfeld von den Patienten in einen direkten
ursächlichen Zusammenhang mit ihrer Erkrankung gebracht und
als pathogen erlebt. Die Anamnesen erinnern an das
Regressionsmodell von Halliday (1943), nach dem psychische
Störungen als emotionale Schutzreaktionen vor einer
gefahrvollen Umgebung zu verstehen sind. Die Betroffenen
fühlen sich oft unverstanden und beklagen negative und
abwertende Reaktionen auf Leistungseinbrüche am
Arbeitsplatz (Tabelle 1).
Tabelle 1: Häufige Reaktionen auf Leistungseinbrüche
„ „Warum sollte es Ihnen besser gehen? Hart arbeiten
müssen wir alle."
„Ist es Wein, Weib oder nur zuviel Gesang ...?"
„Trinken Sie einen starken Kaffee, das macht Sie wieder
fit!"
„Manchmal braucht man einen Schluck Alkohol, man fühlt
sich dann besser."
„Da, lesen Sie dieses Buch und denken Sie positiv!"
„Nehmen Sie mal Urlaub!"
„Sie sollten am Wochenende einmal richtig ausschlafen!"
„Wir alle haben unsere Probleme, tun aber unsere Arbeit
trotzdem."
„Dieser Betrieb kalkuliert knapp und kann sich keine
Ausfälle erlauben."
„Wenn Sie Ihr Job plötzlich überfordert, müssen wir uns
von Ihnen trennen."
„Es gibt Viele, die Ihre Arbeit gern und besser machen
würden!“