Page 19 - Pohadka - Ein Märchen in Bildern, Worten und Musik
P. 19

keine  Mücke  war  zu  sehen.  Er  schritt  das  zweite  Mal  vorbei,
               doch immer noch war keine Mücke zu sehen. Als er das dritte

               Mal vorbeischritt, da sah er – kaum bemerkbar – eine Mücke auf
               einer glatten Wange sitzen. Und die Wange glühte rot wie Feuer.

               Auch Ivan erglühte innerlich und sprach mit klopfendem Her-
               zen zum König der Unterwelt: „ Das ist Marja!“ und reichte der

               Schönen mit der Mücke die Hand.
               „Na, das ist ja… ich denke, hier stimmt etwas nicht“, brummte

               der  Koschtschej  und  starrte  Ivan  mit  seinen  grünen  Augen
               grimmig ins Gesicht. „Irgendeine List war dabei. Es wär ja auch

               fast schief gegangen. Doch warte ab, jetzt werde ich dich krie-
               gen! In drei Stunden kommst du wieder zu mir. Du musst deine

               Klugheit in Wirklichkeit an Ort und Stelle beweisen.: Ich werde
               einen Strohhalm anzünden. Solange der Strohhalm brennt, wirst

               du mir Stiefel mit einem Pelzabsatz nähen, ohne dich von der

               Stelle zu rühren. Keine grosse Sache! Doch bringst du es nicht
               fertig, verlierst du deinen Kopf: Auf Wiedersehen.“
               Missmutig kehrte Ivan  in seine Kammer zurück.  „Wie soll ich

               diese Aufgabe schaffen? Schliesslich bin ich doch kein daherge-

               laufener Schuster, sondern ein Zarensohn, nicht von geringerer
               Geburt  als  der  König  Koschtschej  selbst!  Unsterblicher  Ko-

               schtschej – genug von diesen Unsterblichen!“, dachte Ivan ver-
               ärgert. Als er in seiner Kammer angekommen war, wartete Marja

               bereits auf ihn. „Ivan, was wirst du jetzt tun?“ „Was kann ich
               schon tun? Stiefel werde ich jedenfalls keinen nähen. Reisst er

               mir  den  Kopf  ab,  ist  es  nicht  schade  drum.  Was  kümmert  es
               mich!“ „Nein Ivan, entweder wir werden uns zusammen retten

               oder untergehen. Wir sind doch jetzt Braut und Bräutigam. Wir
               müssen fliehen. Es gibt keinen anderen Ausweg.“ Als Marja das

               gesagt hatte, spuckte sie ans Fenster. Augenblicklich gefror die

               Spucke  am  Glas.  Dann  verliess  sie  zusammen  mit  Ivan  die
               Kammer, schloss die Tür und warf den Schlüssel in hohem Bo-








                                                             16
   14   15   16   17   18   19   20   21   22   23   24