Page 23 - Artemis_6
P. 23
Bitterkalt
(Wilhelm Markom)
Es muss 1991 gewesen sein – in einem der strengsten Winter seit Menschengedenken. Ich
verbrachte damals den Jahreswechsel in Zakopane, einem kleinen polnischen Städtchen in
der Hohen Tatra. Es war sehr, sehr kalt – so um die minus 30 Grad!
Wir heuerten einen der „Einspänner“ zu einer romantischen Schlittenfahrt durch den
Tiefschnee. Ein Wintermärchen - die Sonne schien – alles glitzerte und funkelte – die
Schlittenglöckchen bimmelten fröhlich - Herz, was willst du mehr!
Ich saß neben dem Kutscher auf dem Bock – in ein dickes Schaffell gehüllt. Das riesige
Hinterteil des Kaltblutpferdes direkt vor mir dampfte in der klirrenden Kälte. Ein kleiner
Hügel und eine Schneewechte brachten unser Gefährt zum Stehen. Wir steckten fest. Der
Kutscher überlegte nicht lange und schnalzte dem Gaul mit seiner Peitsche eine aufs
Hinterteil. Das Pferd nahm alle seine Kraft zusammen und zog an. Da passierte es: Vor
Anstrengung entfuhr dem Tier eine gewaltige Wolke aus Verdauungsgasen - blieb für einen
Moment in der eisigen Luft stehen, gefror blitzartig und fiel mir genau auf den rechten Fuß.
Ich hinkte noch Tage später!