Page 366 - Soziale Beziehungen, unter die Lupe genommen! 2019
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kann man chemischen Veränderungen im Körper zu-
schreiben. In diesem Stadium dominieren idealistische
Vorstellungen: Man stellt den Partner auf ein Podest und
hält ihn für perfekt.
Wer verliebt ist, achtet meist weniger auf die Menschen
und Gegebenheiten in seinem Umfeld; stattdessen kon-
zentriert man sich fast ausschließlich auf alles, was mit
dem geliebten Menschen zusammenhängt. Viele Paare
halten dies für die schönste Phase, weil die starken Emo-
tionen Euphorie und großes Wohlgefühl hervorrufen.
Manche Psychologen vergleichen die Intensität einer
neuen Beziehung mit einem Drogenrausch: eine Zeit in-
tensiven Glücksgefühls, die jedoch von Natur aus nur
von kurzer Dauer ist.
Wenn eine Beziehung reift, lassen gewöhnlich die lei-
denschaftlichen Gefühle nach und verschiedene positive
und negative Emotionen treten an ihre Stelle. Gemein-
same Interessen und Ziele können die Euphorie ersetzen.
Das perfekte Bild, das beide Partner voneinander hatten,
wird nun oft durch die Realität getrübt. Wer z.B. anfangs
als freundlich und kontaktfreudig galt, wird vielleicht
plötzlich als laut und unsensibel betrachtet, oder eine
scheinbar stille, fürsorgliche Persönlichkeit wird plötz-
lich als langweilig empfunden. Es kommt zu ersten Mei-
nungsverschiedenheiten, da die Partner versuchen, die
Bindungsbereitschaft des anderen in der Beziehung zu
testen — ein wichtiger Prozess für die Beziehung. Wenn
man die unverschleierte, weniger attraktive Seite des
Partners tolerieren kann, lernt man, das Gute und
Schlechte an der geliebten Person gleichermaßen zu ak-
zeptieren; man begreift die ganze Person und gelangt so
zu größerer Nähe und Geborgenheit. Dies wiederum
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