Page 105 - Geschichte des Kostüms
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Die Bewaffnung      besteht  in einem   aus Schienen und Schuppen genieteten
                Harnisch, Helm mit Nacken und Ohrenschutz, Lanze,          Schild, Dolch und schwerem
                gebogenen Säbel auf orientalische Art, der (wohl nach der Stadt Kerbela       in Mesopo-
                tamien)  als Karabela bezeichnet wird.      Die  eigentlich  populären und    allgemeinen
                Waffen   sind aber der Kolben, „Kolba", auf verschiedene Art mit Metallrippen oder
                Stacheln besetzt, und die mörderische Sense.    Sie  ist oben an einem Schaft,   in dessen
                Längsrichtung, an einer oder zwei      Stellen  befestigt,  in der nach außen gebogenen
                Schneide geschärft und gleicht daher    in der Form nicht einer Mähersense, sondern
                einer sehr in die Länge gezogenen Hellebarde oder Axt.      Die Führer trugen den Obuk,
                einen an die uralten prähistorischen Kommandostäbe und an die jüngeren Streithämmer
                oder Streitäxte erinnernden Stab, mit Hammer oder Axtschneide nach der einen Seite
                und spitzem Schnabel nach der anderen        (Fig.  7,  8 und  10).  Im  16. und  17. Jahr-
                hundert wurde dieser Obuk auch in ruhigen Zeiten von den Vornehmen beim Aus-
                gang getragen.
                        Fig.  I.  Großhetman,   Oberbefehlshaber    des  polnischen   Heeres.   Um 1600.
                Nach dem    in Warschau befindlichen Porträt des Großhetmans Stanislaus Solkiewski,
                gest.  1620.
                        Fig.  2.  Edelfräulein.  Mit nationalem Barett.
                        Fig.  3.  Marschall von   Litauen, Ende des     16. Jahrhunderts.    Nach einem
                Bildnis  in Lemberg.    Szuba  mit verengter Taille.    Prunkschuhe aus gelbem Saffian
                (Maroquin).
                        Fig.  4.  Vornehmer Mann, Ende des      16. Jahrhunderts.
                        Fig.  5.  Hajduk, Ende des 17. Jahrhunderts. — Die Hajduken waren die          alt-
                ungarischen Krieger, die als Grenzsoldaten gegen die Türken organisiert waren.     Später
                nannte man so die ungarischen Infanteristen überhaupt, aber der Ausdruck ging auch
                auf die  repräsentative Dienerschaft   der Magnaten, sowie     der Städte und Komitate
                über.   Auch außerhalb Ungarns wurde der Ausdruck          in der ungefähren Bedeutung
                von Trabant,    vornehmer Lakai,    verwendet.    Vgl. über   die ungarische Tracht das
                unten Gesagte.
                        Fig.  6.  Polnischer Bauer.   Ende des   17. Jahrhunderts.
                        Fig.  7.  Polnischer bewaffneter Edelmann.
                        Fig.  8.  Polnischer gepanzerter Lanzenreiter.
                        Fig.  9.  Polnischer Edelmann aus dem      letzten Viertel des  16. Jahrhunderts.
                Über dem Rock die Bekiesche,         mit ungarischen Einflüssen   in der Auszierung der
                Knöpfung mit Schnüren.      Diese Einflüsse wurden     sehr   befördert  durch  die Wahl
                des Fürsten von Siebenbürgen,      Stefan Bäthori, zum König von Polen, 1575.        (Aus
                Bekiesche  ist der Studentenausdruck Pekesche oder Pikesche verdorben.)
                        Fig.  10.  Polnischer Edelmann.

                        Die ungarische vornehmereTraclit neigt unter Einflüssen der spät mittelalterlich
                westeuropäischen zum Kurzen, Knappen, Engen.        Sie trennt sich damit von der eigent-
                lichen Volkstracht,  deren weite baumelige Beinkleider bei den Hirten und Knechten
                noch heute vortäuschen, nicht für jedes Bein     geteilt, sondern ein langes Hemd oder
                ein Rock zu sein.   Aber die  Stiefel der Volkstracht erhalten sich bei den Vornehmen,
                                                                                      Für die ungarische
                und ebenso der lange und weite Mantel, auch für die Frauen.
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