Page 104 - Geschichte des Kostüms
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                                    POLEN UND UNGARN


                                                   1550-1700






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                    Polen und Madjaren       sind ethnographisch sehr verschiedene Völker,       erstere

             Slawen, also zu den Indogermanen gehörig, letztere zu der finnisch-tatarischen Völker-
             gruppe.   Aber   in der Kostümgeschichte machen solche Unterschiede        nicht  allzuviel
             aus;  Nachbarschaft,   politische  Beziehungen,   Ähnhchkeit   der  wirtschaftlichen Ver-
             hältnisse und   der Lebensweise    fallen  viel  stärker  ins Gewicht.  Die polnische wie
             die  ungarische Tracht    entsprechen   einer  nicht  so  sehr  städtischen  als  ländlichen
             Kultur,  mit  viel Bewegung im      Freien,  Jagen,   Reiten und   Kutschieren.    Darum
             herrschen  die Stiefel und   die  langen, schützenden Oberkleider vor, auch       in  einer
             Zeit,  da  in Westeuropa und Deutschland       die Richtung    auf  das Stutzerhafte und
             Kurze   geht.  Einflüsse vom Westen      auf  die  Ostländer machen     sich  nichtsdesto-
             weniger  geltend,  aber  sie werden,    namentlich   bei den Männern, dem Herkömm-
             lichen und Heimischen angepaßt.
                    Charakteristisch  ist auch   in unserer Periode der polnische lange Männer-
             rock, der vorne in der Mitte geknöpft wird.        Bei den Vornehmen sind die Knöpfe
             in der Regel kleine Kunstwerke des Goldschmiedgewerbes.         Auszierungen der Knopf-
             löcher, Hefteln und Schnüre, pflegen sich hinzuzugesellen.      Der Stoff ist Seide oder
             Seidendamast,   bei den minder Reichen Tuch.       Der Mantel, immer      lang,  entspricht
             der deutschen Schaube, entweder     ist er ohne Ärmel, oder er hat Ärmel mit Öffnungen
             zum Hindurchstecken der Arme, so daß jene frei hängen können.          Das Wort Schaube
             wird ins Polnische als Szuba übernommen.          Diese Mantelschaube    ist hauptsächlich
             Pelzrock mit breitem umgelegten Klappkragen.       Die mehr oder minder hohe Mütze
             mit ihrem Pelzrand und auf die Urform deutenden Beutel          ist  teils von Ungarn her
             beeinflußt worden,   in Gestalt der   hinzugefügten Feder oder des Federbusches        mit
             meist kostbarer Agraffe,  teils durch die niedrigeren ßarettformen und     die Hutformen
             Deutschlands.   Die Beinkleider sind eng, oder doch nicht weit.         Die in der Regel
             getragenen Stiefel gehen bis ans Knie.
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