Page 26 - Geschichte des Kostüms
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diese Kleider ziemlich leicht und bequem, fröhlich, wobei sie doch der Erscheinung
Stattlichkeit gaben. Dann erfaßt auch sie die betontere Abgewöhnung der Natur und
die Etikette. Sie werden steifer, schmalbrüstig; das Einzwängen und Zerschnüren des
gesunden Oberkörpers kommt einmal wieder in Schwung und wird von selten erreichter
Gewalttätigkeit. Den großen Schößen des Justaucorps entsprechen untere Fülle der
Damcnkleider und wachsende Schleppe. Die Steenkerke tritt auch bei den Damen auf,
soweit nicht große DecoUetierung sie ausschließt.
Da man sich in den oberen Ständen jener Zeiten, voran den französischen,
nicht arg viel wusch, auch das Baden verlernt und verpönt war, und man mehr in der
Sänfte, auch wohl in Fuhrwerken bewegt ward, als selber sich auf den waghalsigen
Stöckelschuhen im Freien diese Mühe machte, so ist nicht verwunderlich, daß viel
schlechte Haut und Pusteln im Gesicht die Galanterie nicht stören durften. Auf diese
Pickel klebte man bei der Toilette, wo sehr wichtig auch der Puder war, ein deckendes
Pflästerchen, die Mouche. In der nunmehrigen Zeit der unschicklichen Natur wurden
die Mouches aber geradezu zum Zierat erhoben und in koketten kleinen Formen, Sonne,
Mond, Herzen, je nach Mode und Zweck, zurechtgeschnitten.
Fig. 1. Ludwig XIV. um 1660.
Fig. 2. Ludwig XIV. um 1670.
Fig§:«3 und 4. Französische vornehme Herren. 1664.
Fig. 5. Vornehmer Herr, in etwas älterer Tracht.
Figg. 6 und 7. Damen mit Fontangen, nach 1670, die zweite in etwas späterer,
geschnürterer Mode.
Fig. 8. Herr im häuslichen Morgenkostüm.
Fig. 9. Ludwig XIV. in der Zeit des ausgebildeten Justaucorps, gegen 1700.
Fig. 10. Herzog Philipp von Orleans, des Königs Bruder, „Monsieur*'.