Page 19 - Magazin_Bildungswerkstatt_2_feb2021
P. 19
gleichaltrige oder jüngere Lehrperson sie auf Ver- dere denken und dies als Handlungsgrundlage zu
haltensauffälligkeiten ihres Kindes hinweist und nehmen. Im aktiven Handeln kann sich die Lehrper-
angemessene Hilfsangebote vorschlägt. son als kompetent und wirksam erleben. Die Realität
korrigiert ängstliche Zweifel, die sonst nur im eige-
Fazit: Im Kontakt mit den Eltern geht es jedoch nicht nen Verstummen gedeihen.
in erster Linie um den sozialen Status der Eltern.
Vergessen Sie nie: In Ihrer professionellen Rolle als Der kritische Dialog mit der Angst: Angstge-
Lehrperson verfügen Sie über die Kompetenz, den danken zeichnen sich immer dadurch aus, dass
Entwicklungsstand eines Kindes einzuschätzen, die sie unkonkret und überzogen sind. Es ist hilfreich,
Eltern darüber zu informieren und auf Hilfsangebo- mit den Ängsten in einen Dialog zu gehen und die
te aufmerksam zu machen. Angstgedanken rational zu überprüfen. Dies kann
durch einen «Dialog mit der Angst» geschehen,
Zweifel an der Wirksamkeit: Selbstzweifel und bei dem abwechselnd die eigene Rolle («Lehrper-
Zweifel an der eigenen Kompetenz können ver- son kurz vor einem Elterngespräch») und die der
stärkt auftreten, wenn Eltern einen Mangel an Ko- Angst eingenommen wird (Rollentausch).
operation aufweisen. Es kann Ängste und Zweifel
verstärken, wenn die Lehrperson das Verhalten Das Erleben der eigenen Rolle ist dabei oft viel
der Eltern als Botschaft an sich selbst ansieht emotionaler als die Rolle der Angst. Der Rol-
und unüberprüfte Fantasien über die vermuteten lentausch mit der Angst bedeutet, für einen Mo-
Gedanken der Eltern aufblühen lässt. Das kann ment von sich selbst Abstand zu nehmen und da-
zu grundsätzlichen Zweifeln an der eigenen Per- mit von den momentanen Gefühlen der Lähmung
son führen («Der Vater hat so kritisch geschaut. und Hilflosigkeit, den oft heftigen Körperreaktio-
Sicherlich lehnt er mich ab.»). Es ist hilfreicher nen (Angstschweiss, Herzrasen, Klotz im Hals)
und sicherlich angemessener, das Verhalten des und den die Ängste begleitenden Gedanken.
Vaters und vermutete Gedanken offen anzuspre-
chen («Ich habe den Eindruck, dass Sie mit dem, Fazit: Ein Hineinschlüpfen in die Rolle der Angst zeigt
was ich sagte, nicht so einverstanden sind. Wären recht schnell: Die Angst selbst hat keine Angst. Sie zit-
Sie bereit, Ihre Einwände offen auszusprechen, so tert nicht. Sie fühlt sich nicht hilflos, sondern oft klar
dass wir miteinander darüber reden können?») und machtvoll. Der Rollentausch mit der Angst hilft,
diese genauer zu identifizieren und sie so verstehba-
Fazit: Es ist immer falsch, ahnen zu wollen, was an- rer zu machen. Im Dialog kann die Lehrperson die
bildungswerkstatt 19