Page 18 - Magazin_Bildungswerkstatt_2_feb2021
P. 18

PSYCHOLOGIE






































        sen,  Pandemien,  Klimawandel,  die  neue  Bedeu-    überbewertet («Es wäre absolut schrecklich, wenn
        tung der Arbeit und die Verschiebung ethischer  …»)
        und moralischer Regeln. So entstehen bei vielen
        – und vor allem älteren – Lehrpersonen Ängste,       • Niedrige Frustrationstoleranz: Es besteht der
        nicht mehr zu genügen, und gerade durch Eltern,      Glaube,  negative  Ereignisse  nicht  aushalten  zu
        dank ihrer vermeintlich zunehmenden  Macht           können («Ich könnte es nicht ertragen, wenn …»).
        gegenüber Lehrpersonen, indirekt qualifiziert zu
        werden. Daraus entstehen Gedanken wie: «Viel-        Fazit:  In ihrer professionellen  Rolle  obliegt es der
        leicht verliere ich meine Stelle, wenn sich Eltern   Lehrperson, die Qualität der elterlichen Äusserungen
        über mich beschweren.» - «Wenn ich ein falsches      und Haltungen zu überprüfen und aktiv korrigierend
        Wort sage, falle ich negativ auf.» – «Wenn ich et-   einzugreifen, wenn dies zum Wohle des Kindes und
        was sage, was den  Eltern missfällt, werden  sie     zur  Aufrechterhaltung der  persönlichen  Autorität
        sich über mich beschweren und dann weiss ich         notwendig ist. Manchmal ist es notwendig und sehr
        nicht, was ich sagen soll.» Irrationale Ängste, oft  hilfreich,  eine  zu  stark  ausgeprägte  Höflichkeit  im
        mit  Bildern  unterlegt,  die  katastrophale Folgen  Kontakt mit den Eltern  langsam zurückzunehmen
        beschwören,  die  emotional sehr intensiv  erlebt    und einen sachlicheren Umgang anzustreben.
        und deshalb für glaubwürdig gehalten werden –
        und in der Folge handlungsbestimmend sind.           Der Status der Eltern: Auch  der soziale Status
                                                             der Eltern oder eines Elternteils kann die Bereit-
        Beispiele:                                           schaft  der  Lehrperson,  ihre  Handlungsbereit-
                                                             schaft einzuschränken, erhöhen. Unsicherheit
        • Wünsche werden zu absoluten  Forderungen           kann entstehen, wenn  eine Lehrperson einem
        («ich muss …», «die anderen müssen …)                Arzt, Architekten  oder gar einem Psychologen
                                                             oder einer  Psychotherapeutin  gegenüber  sitzt.
        • Globale negative Selbst- und  Fremdbewertun-       Eltern haben zwar grundsätzlich den Anspruch,
        gen: Statt einzelner Eigenschaften, wird die ganze   als Eltern wahrgenommen und angesprochen zu
        Person als minderwertig bewertet («Ich habe ja       werden. Das Erleben als Eltern ist aber qualitativ
        nichts zu sagen»; «Ich bin wertlos/ein Versager»)    wesentlich anders als das Erleben in einer gesell-
                                                             schaftlichen  oder  beruflichen  Rolle.  Sie  müssen
        • Falsche  Analyse:  Negative  Ereignisse  werden    sich darauf verlassen können, dass eine eventuell




        18                                                                                        bildungswerkstatt
   13   14   15   16   17   18   19   20   21   22   23