Page 10 - Kompetenzorientierte Unternehmensentwicklung
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Vorwort von Lutz von Rosenstiel

                         Organisationsentwicklung ist ohne Personalentwicklung nicht denkbar. So
                         betrachtet gehört eine kompetente Personalentwicklung notwendigerweise
                         zu den zentralen Maßnahmen eines jeden Unternehmens, das strategisch
                         orientiert die eigene Zukunft gestalten möchte. Dies hat dann immer zwei
                         Seiten. Es gilt, jene Menschen zu finden, die das an Potenzial mitbringen,
                         was man künftig benötigt. Hier stellen sich nicht leicht zu bewältigende An-
                         forderungen an die Diagnostik und die Personalauswahl: Es müssen heute
                         jene Menschen gefunden und ans Unternehmen gebunden werden, die man
                         morgen bei veränderten Anforderungen benötigen wird. Die andere Seite
                         besteht in der Entwicklung jener, die bereits im Unternehmen sind. Ihre
                         Stärken und Schwächen zu erkennen und dann zielgerichtet zu entwickeln,
                         ist die zweite zentrale Aufgabe einer strategischen Kompetenzentwicklung,
                         die als unverzichtbarer Teil in die Gesamtstrategie eingebettet sein muss.

                         Jetzt ist das Wort Kompetenz gefallen. Es wird in Wissenschaft und Praxis
                         unterschiedlich verwendet. Für manche sind Kompetenzen das Gleiche wie
                         Wissen, Fertigkeiten oder  Qualifikation. Andere sehen hier  einen funda-
                         mentalen, nicht zu  überbrückenden  Gegensatz. Einer der ersten,  der  den
                         Blick für die Besonderheiten dieses Konzepts schärfte, war der wohl bedeu-
                         tendste Motivationsforscher des 20. Jahrhunderts,  der Amerikaner  David
                         McClelland. Er forderte bereits vor annähernd 40 Jahren, dass man neben
                         oder gar anstelle der Intelligenz besser die Kompetenzen erfassen sollte. Er
                         verstand darunter  die ganzheitlich zu fassende Fähigkeit eines Menschen,
                         sich emotional, motivational, kognitiv und handlungsmäßig mit unerwartet
                         schwierigen und komplexen Situation in einem bestimmten Berufsfeld er-
                         folgreich auseinandersetzen zu können.

                         In meinen Augen ist dies  natürlich kein Gegensatz zur Qualifikation. So
                         kann man als Basis fachspezifisches Wissen, konkrete Fertigkeiten etc., die
                         konkret zu lehren und lernen sind, vermitteln. Werden diese für bestimmte
                         Berufe sinnvoll kombiniert, gelangt man zu einer Qualifikation, die geeignet
                         ist, die derzeitigen Anforderungen zu bewältigen. Ändern sich diese jedoch,
                         kommt mithin Anderes hinzu, das man zum Teil nicht voraussehen konnte,
                         ist es notwendig, selbst organisiert mit fachlich und methodisch schwierigen
                         Problemen, mit sozialen Situationen und auch mit sich selbst angemessen
                         umzugehen, um insgesamt situationsgerecht und erfolgreich zu handeln.





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