Page 42 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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Ein gutes Brot zeichnet sich durch drei Dinge aus: Mehl, Wasser und Salz. Diese werden mit viel
Erfahrung und Wissen zu einem Teig verarbeitet, der ein gerüttelt Maß an Zeit bekommt, um die
Inhaltsstoffe des Mehles für den menschlichen Organismus aufzuschließen und Aromen zu
entwickeln. All dies geschieht mithilfe von Mikroorganismen, deren komplizierte Namen wir gar
nicht erst versuchen sollten, uns zu merken. Geschickte Bäckerhände wirken den reifen Teig in Form,
und der heiße Ofen bringt den im Teig gebrauten biochemischen Cocktail zur aromatischen Blüte.
Der Unterschied zu 90 % des heutzutage angebotenen Brotes ist der Faktor Zeit. Je schneller der
Teig zu Brot verarbeitet wird, umso weniger Geschmack und Bekömmlichkeit sind im Spiel, vor
allem wenn schalenreiches Mehl drin steckt. Auch volumenfördernde Backmittel fressen am
Geschmack. Je lockerer das Brot, umso flacher sind die Aromen. Unser tägliches Brot ist ein
Einheitsbrot mit Einheitsgeschmack. Und die meisten von uns haben verlernt, welche
Geschmacksexplosion ein richtig gutes Brot in unserem Mund auslösen kann.
Noch vor wenigen Jahrzehnten sah die Welt anders, besser aus. Viele kleine Bäckereien boten ein
ebenso kleines, aber dafür feines Sortiment an, gebacken mit Zeit für Geschmack. Zwar gab es
damals schon maschinelle Unterstützung, aber der Bäcker steuerte sämtliche Vorgänge im Teig, ohne
die zweifelhafte Hilfe von Emulgatoren, Stabilisatoren, technischen Enzymen, Vormischungen oder
Fertigteiglingen. Hier wurzeln die Kindheitserinnerungen an unser „Früher“.
Wer gutes Brot backen will, muss sich und dem Teig Zeit lassen.