Page 43 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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Im 19. Jahrhundert und davor gab es Brot, von dem wir vermutlich nur ungern gekostet hätten. Die
hygienischen Zustände in Bäckereien waren schwierig, Getreide war oft mit Pilzgiften belastet (z.B.
Mutterkorn), und die Mehlqualität war deutlich schlechter als heute. So berichtet Johann Georg
Krünitz in seiner „Oeconomischen Encyclopädie“ Ende des 18. Jahrhunderts ausführlich über die
möglichen Verunreinigungen des Mehles, z. B. mit Sand: „Ferner wird während des Mahlens allezeit
etwas Sand von den Mahlsteinen abgerieben, der sich nicht wie die Kleye vom Mehle absondert,
vielmehr mit ins Brot verbacken, beym Genusse desselben unangenehm und beschwerlich, der
Gesundheit aber nachtheilig wird.“ Wer selbst backte, Großfamilien oder ganze Dörfer am
Gemeindebackofen, backte ein Brot, das satt machen, aber keinen Genuss bringen sollte. Frisches
Brot wurde gelagert, Tage, Wochen, Monate, um dem übermäßigen Drang nach dem Biss ins frische
Brot Einhalt zu gebieten.
Brot war kostbar. Und dies ist auch die einzige Broteigenschaft jener vergangenen Zeit, der wir
nachtrauern sollten.
Lutz Geißler ist passionierter Brotbäcker, Blogger und Buchautor. Der studierte
Geologe leitet Brotbackkurse, entwickelt Rezepte für Bäcker und Gastronomen und
gibt sein Wissen rund um gutes Brot in seinem Plötzblog (www.ploetzblog.de) weiter.