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In einem Fachbericht hat HEROLD [12] die 2.5.2 Werkleistungspflicht
unterschiedlichen Regelungen übersichtlich
herausgearbeitet und (aus seiner Sicht) kom- Primär ist die vertraglich vereinbarte Beschaf-
mentiert, insbesondere: fenheit, einschliesslich der Funktionstauglich-
keit einzuhalten. Sollte das Werk in technischer
• Anwendungsklassen (K1/K2),
• Einwirkungsklassen, Hinsicht mangelfrei sein, jedoch nicht dem
• Nicht genutzte/genutzte Dachflächen, Vertragsinhalt entsprechen, liegt ein Mangel
• Gefälle, vor. Insofern kommt es auf die “allgemein aner-
• Abdichtungen mit Bitumenbahnen, kannten Regeln der Technik” (a.a.R.d.T.) noch
• Abdichtungen mit Kunststoff-, Elastomerbahnen nicht an. BGH, Urteil vom 17.12.1996:
• Abdichtungen mit Flüssigkunsstoffen,
• Abdichtung von Balkonen, Loggien und “Ein Werk ist unabhängig davon, ob die
Laubengängen. anerkannten Regeln der Technik eingehal-
ten sind, fehlerhaft, wenn es nicht den
Anforderungen des vertraglich vorausge-
Die weiteren Ausführungen von HEROLD [12]
beziehen sich auf die DIN 18 531, die nach setzten Gebrauchs entspricht”.
seiner Meinung als “anerkannte Regel der
Technik” als Planungs- und Ausführungsgrund- Fazit: Maßgebend sind also die vertrag-
lage für die Abdichtung von nicht genutzten lichen Vereinbarungen. Selbst die anerkann-
und genutzten Dächern, sowie von Balkonen, ten Regeln der Technik sind nicht bindend -
Loggien und Laubengängen anzusehen ist. Die und erst recht nicht die DIN-Normen.
Herleitung seiner Begründung ist deutlich ge- Erst wenn eine besondere Beschaffenheit nicht
prägt von seiner Mitarbeit in den Normenaus- speziell vertraglich vereinbart worden ist, ist zu
schüssen. prüfen, ob sich die Bauleistung für die voraus-
gesetzte bzw. die gewöhnliche Verwendung
Dass technische Normen automatisch
a.a.R.d.T. sind, ist ein scheinbar unsterblicher eignet und ob die “allgemein anerkannten
Aberglaube (MEIER, 2003). DIN-Normen sind Regeln der Technik” eingehalten wurden.
keine Rechtsnormen. Sie sind als technische Aus diesen kurz zusammengefassten Gründen
Regeln bzw. Regelwerke eines privaten Her- wird deutlich, dass aufkommende Diskussion
ausgebers zu betrachten, die ausschließlich um die a.a.R.d.T. unnötig ist, wenn sich der
Empfehlungscharakter haben. Da sie keine Besteller die Mühe machen würde, die von Ihm
Rechtsnomen in Form von Gesetzen oder Ver- erwartete Beschaffenheit/Funktionstauglichkeit
ordnungen sind, müssen sie auch nicht eindeutig zu formulieren und vertraglich zu ver-
zwangsläufig angewendet werden. Die rechtli- einbaren, denn was vertraglich geschuldet ist,
che Unverbindlichkeit der DIN-Normen ist in- entscheidet sich im Zweifelsfall zunächst da-
zwischen mehrfach auch von Gerichten in der nach, was im Vertrag vereinbart ist. Je detail-
Rechtsprechung bestätigt worden. lierter und konkreter die Formulierungen sind,
desto kleiner wird das Streitrisiko hinsichtlich
des geschuldeten Vertragsumfangs.
Jeder Besteller hat übrigens die Möglichkeit
Fachleute zur Vertragsgestaltung hinzuzuziehen.
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