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Der  Waschtag  bedeutete  für  die  Frauen  kör-
                       perlich harte Arbeit. Der Waschkeller war dann
                       oft mit Dampf gesättigt, die Sicht schlecht und

                       die Gefahr sich selbst oder andere zu verbrü-
                       hen war groß. Ein Junge aus der Nachbarschaft

                       rannte  am  Waschtag  in  den  Keller  zu  seiner
                       Mutter.  Sie  war  gerade  dabei  heißes  Wasser
                       mit einem Eimer in die Waschmaschine zu fül-

                       len.  Er  stieß  gegen  seine  Mutter  und  ein
                       Schwall kochend heißes Wasser verbrühte sei-
                       ne  Schulter  großflächig.  Die  gewaschene  Wä-

                       sche  konnte  unter  dem  Spitzdach,  wir  sagten
                       Dachboden  dazu,  zum  Trocknen  aufgehängt
                       werden.  Im  Sommer  stand  dafür  eine  Wiese

                       mit Gestellen für Wäscheleinen zur Verfügung.
                       Wir  Kinder  nutzten    aber  die  Gestelle  zum

                       Aufhängen  von  Schaukeln.  Fast  alle  Männer
                       der Siedlung arbeiteten auf der Rheinstahl Ze-
                       che. Man kannte sich. Es war fast so wie früher

                       im  Dorf.  Nichts  blieb  verborgen.  Der  Einkauf
                       war eine Informationsveranstaltung, es wurde
                       getratscht  ohne  Ende.  Es  gab  ja  auch  genug

                       Themen. Welche Nachbarin Preludin zum Ab-
                       nehmen nahm, untreu war oder zu Hause vom
                       Mann  verprügelt  wurde,  wer  welche  Neuan-



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