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ÖFFENTLICHE VERANSTALTUNGEN sind wahnsinnig flexibel. Wenn eine Anfrage haben die Kinder gesagt: „Nein, jede Woche
reinkommt, kann ich das im nächsten Monat,
kommen wir nicht. Wir sind ja dynamisch. Wir
kommen dann, wann wir wollen.“ Dann fragt
wenn ich noch eine Lücke habe, reinnehmen
– das ist eine große programmatische Freiheit.
die Kids?“ Und wir sagen: „Wir haben jetzt ein
In der jeweiligen Produktion habe ich das
Problem. Die Leute wollen nicht mitmachen.“
hoffentlich auch. Wir arbeiten nie mit Castings,
PUBLIKUMSFRAGE: Wie habt ihr es dann
sondern geben ganz viele verschiedene der Fördergeber: „Onur, was ist los? Wo sind
Möglichkeiten, dazuzustoßen und auf unter- gelöst?
schiedlichen Intensitätslevels mitzuwirken. Wir ONUR: Wir haben uns hingesetzt und
nennen das intern in der Dramaturgie ‚touch & die Jugendlichen erst mal drei Monate lang
go‘ oder ‚grab & grow‘. Natürlich muss ich die kennengelernt. Die harten Gangster-Rap-
Menschen und auch die Kunst selbst schützen, Jugendlichen hatten wir erst nach acht Monaten.
wenn es darum geht, Qualität auf eine Volks- Normalerweise wissen wir nach ein bis zwei
theaterbühne zu bringen. Aber wenn ich kein Wochen, wo die Kids abzuholen sind.
Casting mache, schaue ich: Welche Menschen PUBLIKUMSFRAGE: Meinst du, das hat
sind da? Welche Sprachen gibt es? Welche damit zu tun, dass ihr von außen kommt?
Fähigkeiten und Bedürfnisse? ONUR: Ja, das ist ein geschlossener Kreis
ONUR: Bei unserem Projekt in Lehen hat es von Jugendlichen, die sagen: „Wir lassen euch
nur Probleme gegeben. Wir haben ein super nicht rein. Das ist unsere Kultur und unser
Konzept für Breakdance und Graffiti bei der Stadt Leben hier.“ Um diese Barriere aufzubrechen,
eingereicht und die waren begeistert. Natürlich musste ich mich freitags von 22 bis 24 Uhr auf
haben wir auch Vor-Workshops gemacht, bei der Bank da vorne hinsetzen, wo die Jugend-
66 66 denen zufällig viele Kinder da waren. Aber dann lichen immer sind. Dann schmeißt eine Oma