Page 18 - Nordkurier (+19.01.2017)
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Seite 18 Lokales Donnerstag, 19. Januar 2017
Wie muss ein Kunstwerk sein,
um Denkmal zu werden?
Zu prüfen, ob nicht für Kriegsgefangenen-, Repatri- noch „abgewählt“ worden.
Von Susanne Schulz
weitere Werke diese Einstu- ierungs- und sowjetischen Den Argumenten wollten
An Kunstwerken im fung erwirkt werden kann Speziallagers besondere Sym- die Stadtvertreter nicht in
öffentlichen Raum ist – dieser Aufgabe hat sich bolkraft bescheinigt. Die von jedem Fall folgen: „Dass ein
Neubrandenburg so reich, in den vergangenen Mona- Reinhard Buch gestaltete Ge- Künstler bereits in der Liste
dass es selbstverständlich ten ein Gremium aus Mit- denkplatte für Isidor Heine, auftaucht, heißt doch nicht,
scheint. Den Reichtum durch arbeitern des Rathauses, der den letzten Vorsteher der dass nicht ein weiteres sei-
eine Denkmal-Einstufung Unteren Denkmalbehörde Jüdischen Gemeinde in Neu- ner Werke denkmalwürdig
besonders zu schützen, und des Regionalmuseums brandenburg, vor dem Nord- wäre“, wandte Bernd Fuhr-
erfordert ein aufwendiges angenommen. Über Bewer- kurier-Medienhaus am Fried- mann ein. Er wolle „Dinge,
Verfahren und daher eine bungen entscheiden muss rich-Engels-Ring 29 künde in die uns durch die Geschichte
gestrenge Vorauswahl. Da letztlich das Landesamt für besonderer Weise von der übergeben wurden, den Men-
gibt’s viel zu diskutieren. Kultur und Denkmalpfle- Stadtgeschichte. Und Bernd schen möglichst umfassend
ge. Voraussetzung ist eine Göbels Wandbild „Jugend – als wertvoll nahe bringen“.
NEUBRANDENBURG. Wir ge- ausführliche Begründung, Freizeit – Lebensfreude“ aus
hen dran vorbei, treten sogar die nach gestrenger Voraus- den frühen 70er-Jahren am Es wurden weitere
drauf, übersehen vielfach, wahl in Angriff genommen einstigen Internatskomplex Vorschläge gemacht
was wir da vor Augen und zu werden soll. in der Helmut-Just-Straße So fehlte es auch nicht an wei-
unseren Füßen haben: Kunst- wurde als besonders stra- teren Vorschlägen: Gerlinde
werke im öffentlichen Raum Vergleich mit den ßenbildprägend erkannt und Brauer-Lübs etwa brach eine
sind in Neubrandenburg Adorantinnen am Tor in seiner Wirkung gar mit Lanze für die Märchensäule
so selbstverständlich, dass Beurteilt wurden die Kunst- den Adorantinnen am Star- in der Oststadt als Zeitzeug-
viele Passanten sich all des werke unter anderem nach garder und am Neuen Tor nis für den einstigen Charak-
Besonderen am Wegesrand ihrer künstlerischen, wissen- verglichen. ter des Hauses der Kultur und
gar nicht bewusst werden. schaftlichen, stadtgeschicht- Weitere vier aussichts- Bildung als Heimstatt volks-
100 Werke weist eine im lichen oder städtebaulichen reiche Werke waren gewis- künstlerischer Zirkel. Ebenso
Rathaus erstellte Übersicht Bedeutung, erklärte Rat- sermaßen auf den letzten wie Fuhrmann hatte sie zu-
aus; 20 allein innerhalb oder haus-Mitarbeiterin Regina Metern durchs Raster gefal- dem in der Präsentation noch
in unmittelbarer Nähe der Quade bei der Präsentation len, berichtete Regina Qua- Werke entdeckt, denen zwar
Stadtmauer. bisheriger Untersuchun- de: Die Kranich-Skulptur in mindestens einem Punkt
Wie dieser Reichtum ge- gen im Kulturausschuss der aus dem Vogelviertel, Franz „hohe Bedeutung“ beschei-
schützt und bewahrt wer- Stadtvertretung. Mindestens Poppes Schildkröte vom Ih- nigt war, die aber dennoch
den kann, beschäftigt vie- in einem Punkt „hohe Be- lenpool, das Katafalkfenster letztlich nicht für die Denk-
le Neubrandenburger. Die deutung“ nachzuweisen, war des Glaskünstlers Thomas mal-Bewerbung vorgesehen
Anerkennung als Denkmal Voraussetzung für die engere Kuzio in der Feierhalle des waren. In den Fraktionen
etwa gewährt eine besonde- Auswahl. Waldfriedhofs Carlshöhe der Stadtvertretung soll die
re Schutzwürdigkeit. Derzeit Als „Finalisten“ blieben und das Wandbild „Wasser- Auswahl nun diskutiert und
gilt eine solche Klassifizie- schließlich ganze drei Objek- mann mit Fischen“ in der bei der nächsten Zusammen-
rung für 44 Objekte – zehn te: Dem „gestützten Kreuz“ Schwimmhalle seien – teils kunft des Kulturausschus-
davon haben als Einzelwerke im Eingangsbereich der Ge- wegen bereits gewürdigter ses im März erneut beraten
diesen Rang, 34 als Bestand- denkstätte Fünfeichen, ge- „Verwandter“ wie der Fenster werden.
teile eines Flächendenkmals, schaffen vom Holzbildhauer im Latücht oder des Wand-
Die Gedenktafel für Isidor Heine am Friedrich-Engels-Ring, wie etwa der Kulturpark Uwe Grimm, wird angesichts bilds an der oststädtischen Kontakt zur Autorin
direkt vor dem Medienhaus des Nordkurier ... FOTO: JÖRG FRANZE eines ist. der Geschichte des einstigen Schülergaststätte – doch s.schulz@nordkurier.de
Die in Plastik- und
Keramikzirkeln am Haus der
Kultur und Bildung
entstandene Märchensäule
... gehört ebenso zu den „Finalisten“ des Auswahlgremiums wie das „gestützte Kreuz“ im ... und das aus Zeiten des Internatskomplexes stammende hingegen wurde bislang nicht
Eingangsbereich der Gedenkstätte Fünfeichen ... FOTO: NK-ARCHIV Wandbild in der Helmut-Just-Straße. FOTO: SUSANNE SCHULZ berücksichtigt. FOTO: NK-ARCHIV
Ein Volk beim Neubrandenburger Mathe-Ass holt sich den Sieg
Reinwaschen
Trotzdem war der Neun- der Sieg hat mich echt um- 15 Aufgaben, für die die Teil- mann geradezu schüchtern.
Von Marcel Laggai
NEUBRANDENBURG. Aus seinem jährige baff, als sein Name gehauen“, so der junge Neu- nehmer insgesamt zweiein- Kein Wunder, ist der Mathe-
Kontroversen verheißenden 28 Schulen nahmen an am Ende der Preisverleihung brandenburger. Dabei fühlte halb Stunden Zeit hatten. matik-Fan doch bereits seit
Buch „Dunkle Seele Feiges der 21. Neubrandenburger aufgerufen wurde. „Ich habe sich der Schüler der Grund- Das Rechen-Pensum sei dabei früher Kindheit den Zahlen
Maul“ liest der Journalist Ni- Matheolympiade teil. Die eher mit dem zweiten oder schule West noch nicht mal nur mittelschwer gewesen, verfallen. „Mit zwei Jahren
klas Frank am Montag im Bri- 15 besten wurden feierlich dritten Platz gerechnet, aber wirklich gefordert von den heißt es von Johannes Brink- hat er angefangen, zu rech-
gitte-Reimann-Literaturhaus geehrt, aber der Glaspokal nen und seitdem dreht sich
in der Neubrandenburger blieb diesmal in der auch seine Freizeit ganz um
Gartenstraße. Der Autor, der Kreisstadt. die Rechnerei“, wie seine
sich als Sohn des national- Mutter Urte stolz erklärt. Da-
sozialistischen Generalgou- NEUBRANDENBURG. Sie waren bei denkt er sich gelegentlich
verneurs im besetzten Polen gekommen, um das Super- auch selbst Rechenaufgaben
schon in mehreren Büchern Hirn der vierten Klassenstufe aus. Ganz offensichtlich ein
mit seiner eigenen Familien- zu küren: Insgesamt 72 Schü- Faible, das in den Genen liegt,
geschichte auseinandersetzte, ler des Landkreises Mecklen- denn seine Mutter ist eben-
interessierte sich nun für Bei- burgische Seenplatte trafen falls ein großer Mathe- und
spiele, „Wie absurd, komisch sich am Mittwoch im Neu- Musik-Fan.
und skandalös sich die Deut- brandenburger Albert-Ein- Allerdings kostet das Ma-
schen beim Entnazifizieren stein-Gymnasium, um den all- the-Ass seinen Sieg nun erst
reinwaschen“ – so der Unter- jährlichen Mathematik-Pokal einmal genüsslich aus, bevor
titel des Buches. Die Lesung zu ergattern. Nach zwei knif- es an die Vorbereitungen des
in Zusammenarbeit mit der feligen Knobel-Runden gab es Känguru-Wettbewerbs geht,
Rosa-Luxemburg-Stiftung einen strahlenden Gewinner, an dem weltweit knapp
beginnt am Montag um der sich ganz souverän im sechs Millionen Mathematik-
18 Uhr. Der Eintritt ist frei; Stillen freute. Kein Wunder, Liebhaber teilnehmen.
Anmeldung unter 0395 ist es doch nicht der erste
5719180 oder info@literatur- Rechenwettstreit, an dem Jo- Stolz präsentiert der Gewinner Johannes Brinkmann seine Urkunde und den tollen Glaspokal, der Kontakt zum Autor
zentrum-nb.de. sz hannes Brinkmann teilnahm. vom Landkreis gesponsert wurde. FOTO: MARCEL LAGGAI m.laggai@nordkurier.de
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