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Aborigen Experience






         Bis ins 12. Jahrhundert führt die Reise in die Vergangen-
         heit von Gran Canaria. Ein Zeit, in der die Ureinwohner
         der Insel ihre eigene Zivilisation aufgebaut und so gut
         wie keinen Kontakt zur restlichen Welt hatten. Heute ist
         die Welt klein wie noch nie und ihre Bewohner reisen viel
         und gern. Viele interessieren sich für die Geschichte der
         besuchten Orte und Gegenden, doch für Ausflüge in die
         Vergangenheit sollte ein kundiger Reiseleiter die Rich-
         tung vorgeben. Javier und Óscar Barroso gehören zu den
         erfahrensten Experten für die Geschichte der Kanaren
         und bieten über ihre Firma Turinka originelle Touren an,
         bei denen die wenig bekannte, aber einzigartige Kultur
         der Ureinwohner hautnah und kurzweilig erlebt, erfahren
         und erzählt wird.

         Wie ernährten sich die Altkanarier? Wie konservierten
         sie ihre Nahrungsmittel? Wie organisierten sie ihr ge-
         sellschaftliches Zusammenleben, welchen hierarchische
         Strukturen unterlag es? Dieses und andere Fragen wol-
         len Javier und Óscar bei dem Tagesausflug beantworten.
         Treffpunkt für die Tour ist um halb zehn in Las Palmas bei
         der Fuente Luminosa, dem leuchtenden Springbrunnen
         (der um diese Tageszeit weder springt noch leuchtet).
         Mitzubringen sind festes Schuhwerk, Wasser und Son-
         nenschutz, alles andere wird von Turinka beigebracht.

         Während der moderne Bus die Straßen der Großstadt
         hinter sich lässt, entführen die beiden Guides ihre Reise-
         gruppe langsam in eine längst vergangene und zum Teil
         vergessene Welt. Sie erzählen von Prinzessinnen und
         Kriegern, von mystischen Riten und heiligen Kriegen,
         vom Leben und Sterben eines Volkes. Inzwischen ha-
         ben gewundene Landstraßen die Autobahnen abgelöst,
         steinige Hänge mit karger Vegetation die modernen Ge-
         bäude. Es dauert nicht lange bis der erste Stopp fällig
         ist. „Ab hier geht es zu Fuß weiter“, informiert Javier die
         Ausflügler und verteilt Wanderstöcke an alle, die einen
         brauchen könnten.

         Eigentlich sind sie nicht unbedingt notwendig, doch eine
         Wandergruppe macht einen  viel  besseren Eindruck,
         wenn sie mit eleganten Stöcken unterwegs ist. Der Weg
         zu der „Cueva de la Audiencia“ (Höhle des Gerichtshofs)
         ist eben, leicht und kurz, und am Ziel erwartet den Besu-
         cher ein beeindruckendes Beispiel für eine vorspanische
         Siedlung. Ein Teil dieses ausgedehnten Höhlensystems
         wurde erst 2012 entdeckt und wissenschaftlich unter-
         sucht, dabei fand man Gegenstände aus verschiedenen
         Epochen, die ältesten aus dem 7. Jahrhundert. Wie viele
         Höhlensysteme wurde auch dieses von seinen Erbauern
         so angelegt, dass es schwer zu erreichen – und noch
         schwerer zu erobern war. Die Cueva de la Audiencia (den
         Namen hat sie bekommen, weil manche Spuren darauf
         schließen lassen, dass hier Recht gesprochen wurde)
         ist heute allerdings von der Bergseite leicht zugänglich.
         Wenn man dagegen vom Inneren über die steilen Felsen
         ins Tal blickt, erkennt man, wie gut die Anlage im Ernst-
         fall zu verteidigen war.




          20  Ausgabe 114  Juni 2019
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