Page 88 - Untergegangene VölkerDie Unvernunft der Gottlosigkeit
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86              DIE UNVERNUNFT DER GOTTLOSIGKEIT


               Gefühlsduselei und Romantik

               Empfindsamkeit und romantisches Gehabe werden in der igno-
             ranten Gesellschaft als grundsätzlich menschliche Verhaltenswei-
             sen und somit als eine existentielle Realität anerkannt. Menschen,
             die ihren Gefühlen nicht Ausdruck geben werden als gefühllos und
             irgendwie sonderlich betrachtet. Romantisch zu sein wird mit
             einem gewissen idealisiertem Image assoziiert, das einen Anhauch
             von Zauber und Schönheit hat.
               Doch Empfindsamkeit ist ein Zustand, in dem ein Mensch voll-
             ständig unter dem Einfluss seiner Gefühle bleibt und sich völlig sei-

             nen Instinkten hingibt. Seiner Denkfähigkeit beraubt, ist solch ein
             Mensch nicht in der Lage, die Dinge in vernünftiger Weise zu beur-
             teilen, und niemand, nicht einmal er selbst, kann voraussehen, in
             wieweit seine Gefühle seine Entscheidungen beeinflussen werden.
             Ein Gefühlsmensch ist hilflos seinen Gefühlen ausgesetzt. Im Lauf
             des Geschehens ist er nicht in der Lage, die weiteren Entwicklungen
             oder die etwaigen nachteiligen Folgen einer Entscheidung in
             Betracht zu ziehen und wird sich seiner Fehler erst dann bewusst,
             wenn alles vorüber ist. Er handelt impulsiv und unbedacht und sei-
             ne Launen ändern sich unversehens; in einem Moment fühlt er sich
             niedergeschlagen und verzweifelt und im nächsten Augenblick ist
             er von Eifersucht ergriffen. Er fühlt sich leicht auf den Schlips getre-
             ten und wird schnell wütend; sein Leben ist wie eine Achterbahn.
               Diese Verhaltensweise ist in der Tat schmerzlich für diejenigen,
             die gefühlsmäßige Befriedigung in ihren Beziehungen suchen. Da

             sie nicht wissen welcherlei Stimmungen ihre Mitmenschen empfin-
             den, warten sie immer einen ’guten Zeitpunkt’ ab um sich mitzu-
             teilen. Auf diese Weise verbringen sie ihr Leben damit, die gefühls-
             mäßigen Erwartungen anderer zu erfüllen und dabei erwarten sie
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