Page 48 - Materie: Ein anderer Name für Illusion
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tome, die der menschliche Körper in einer Stresssituation aufweist. Jedoch gibt es keine tatsächlichen Ereignisse in

                  seinem Traum. Sie existieren nur in seinem Gedächtnis.
                       Ein Mensch, der in seinem Traum eine Treppe hinunterfällt, fühlt dieses Ereignis mit seinem ganzen Körper, ob-
                  wohl er bewegungslos auf seinem Bett liegt. Jemand, der in seinem Traum in eine Pfütze rutscht, kann fühlen, dass
                  seine Kleidung nass wird und dass er sich wegen des Windes erkältet. Es gibt aber weder die Pfütze, noch den
                  Wind. Obwohl er in einem warmen Raum schläft, erlebt er die Nässe und Kälte so, als ob er wach ist.
                       Jemand, der glaubt, dass er in seinem Traum mit dem Original der materiellen Welt konfrontiert ist, kann sehr
                  selbstsicher sein. Er kann in seinem Traum seine Hand auf die Schulter seines Freundes legen, der ihm erklärt, dass

                  "er mit einem Kopiebild konfrontiert ist”, dass es nicht möglich ist, mit dem Original der Außenwelt konfrontiert
                  zu sein". Als Erwiderung kann er zu ihm folgendes sagen: "Bin ich nun eine Illusion? Fühlst du meine Hand auf dei-
                  ner Schulter nicht? Wie kannst du dann ein Kopiebild sein? Woher nimmst du solche Behauptungen? Komm, ma-
                  chen wir zusammen eine Bosporustour, wir können über dieses Thema sprechen, und du kannst mir erklären,
                  warum du an so etwas glaubst." Der Traum, den er in seinem tiefen Schlaf sieht, ist so klar, dass er den Motor mit
                  Vergnügen anstellt, langsam Gas gibt und das Gaspedal plötzlich durchtritt, so dass das Auto vehement beschleu-
                  nigt. Während er die Strasse entlang fährt, sehen die Bäume und die Straßenschilder vollkommen real aus. Noch
                  dazu atmet er die saubere Luft des Bosporus ein; genau in dem Augenblick, in dem er seinem Freund erklären will,
                  dass das, was er in diesem Moment erlebt, kein Traum ist, wacht er durch den Wecker auf. Interessanterweise wird

                  derselbe Mensch bestreiten, wenn ihm im Wachzustand erklärt wird, dass das was er sieht, nur Bilder sind, die in
                  seinem Gehirn entstehen.
                       Wenn die Menschen aufwachen, verstehen sie dass das, was sie bis zu diesem Moment gesehen haben, ein
                  Traum war. Aus irgendeinem Grund aber sind sie nicht misstrauisch, dass der Lebensabschnitt, der mit einem Bild
                  des "Aufwachens" beginnt, was sie dann "wirkliches Leben" nennen, auch ein Traum sein könnte. Jedoch ist die Art
                  und Weise, wie wir die Bilder wahrnehmen, die wir für "das wirkliche Leben" halten, genau dieselbe Art und Weise,
                  in der wir unsere Träume wahrnehmen. Wir erleben beide im Gehirn, können aber nicht verstehen, dass sie Illusio-

                  nen sind, bis wir aufwachen. Nur dann sagen wir "Was ich gerade gesehen habe, war ein Traum". Wie aber können
                  wir prüfen ob dass, was wir in diesem Augenblick sehen, nicht auch ein Traum ist? Wir nehmen vielleicht an,
                  dass der Moment, in dem wir leben, real ist, nur weil wir noch nicht wach sind. Es ist möglich, dass wir diese Tatsa-
                  che entdecken werden, wenn wir aus diesem "Traum" aufgeweckt werden, der lediglich länger als die Träume sein








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                                                                                           einem kalten Morgen im Winter im Garten sitzt,
                                                                                           kann sich wegen des Windes erkälten und zu zit-
                                                                                           tern beginnen. Jedoch gibt es weder Wind noch
                                                                                           Kälte dort, wo er sich befindet. Er schläft sogar in
                                                                                           einem sehr warmen Raum. Trotzdem empfindet er
                                                                                           das Gefühl der Kälte ganz realistisch. Es gibt über-
                                                                                           haupt keinen Unterschied zwischen der Kälte, die
                                                                                           er in der "wirklichen Welt" empfinden würde und
                                                                                           der Kälte, die er in seinem Traum empfindet.






























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