Page 23 - Mariazell 2016
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"Weg der Barmherzigkeit"

Nackte bekleiden

Kaum ein anderer Heiliger ist so ins Bewusstsein der Menschen getreten wie
der hl. Martin mit dem Mantel, den er geteilt und einem Bettler geschenkt hat.
Wir alle kennen die Legende, dass dem jungen Martin nach dieser spontanen
Tat des Teilens im Traum Christus selbst erschienen ist und ihm gezeigt hat, dass
er letztlich ihm den Mantel geschenkt hat.
Martin wusste nicht, dass er im Bettler Christus selber begegnet. Er hat seinen
Mantel einfach geteilt, weil ihn der frierende Bettler berührt hat. Erst nach
seiner Tat erkannte er, dass er in dem Bettler Christus selbst begegnet ist.

Kleider spenden.

Heute gibt es viele Kleidersammlungen, um armen Menschen in Notgebieten
zu helfen. Oft werden abgetragene Kleider auf diese Weise praktisch entsorgt
und mit dem, was man nicht selber brauchen kann, hilft man noch anderen. Es
gibt natürlich auch Menschen, die bei den Kleidersammlungen ihre guten
Kleider hergeben, weil sie diese nicht mehr brauchen, aber auch, weil sie
bewusst einfacher leben wollen oder mit ihren schönen Kleidern anderen eine
Freude machen wollen. In all diesen Formen der Kleidersammlungen wird das
Gebot Jesu erfüllt, Nackte zu kleiden. Doch Jesus meint mit diesem Werk der
Barmherzigkeit noch etwas anderes.

Bloßgestellt.

Nacktsein hat einen tieferen Sinn. Menschen fühlen sich oft bloßgestellt, wenn
sie öffentlich kritisiert oder an den Pranger gestellt werden, wenn man ihre
Taten und Gedanken in der Öffentlichkeit diskutiert und oft genug verfälscht.
Sie können sich nicht wehren gegen die Vorurteile, die ihnen
entgegenkommen. Und sie können sich nicht wehren gegenüber Gerüchten,
die in Umlauf kommen, ohne dass sie einen realen Grund hätten. Doch allein

Podersdorfer Wallfahrt 2016                              Seite 18
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